des Mannes, seine feurige Kraft, seine weisen Lebensgrundsätze, die Gewalt seiner Rede, sein muthiges Handeln, die edle Verachtung des eigenen, auch noch so großen Vortheils, seine Rechtlichkeit, Menschenliebe, Ehrlichkeit, erhabene Denkart und kluge Einsicht; ferner jede einzelne der vielen und höchst wichtigen Verrichtungen seines politischen Lebens, indem du dir auf der einen Seite die vielen Volksbeschlüsse vorstellst, die er herbeigeführt, seine Gesandtschaften, seine öffentlichen Vorträge, seine Gesetze; auf der anderen Seite die Expeditionen, die er veranlaßte, Euböa, Megara, Boötien, Chius, Rhodus, den Hellespont, Byzanz – wenn dir dieses Alles auf Einmal vor die Seele tritt, so ist nicht zu verwundern, daß dir schwindelt, ob der Fülle deines Stoffes.
20. Und wie einst Pindar unschlüssig hin und herrieth, und nicht wußte, ob er
Ismenos preisen soll, ob die goldspinnende Melia,
Ob Cadmos, ob der Sparten heiliges Geschlecht,
Ob die dunkelverschleierte Thebe,
Ob Heracles alleswagende Kraft,
Ob Dionysos Ruhm, des Freudengebers,
Ob der lilienarmigen Harmonia Brautfest:
so bist auch du offenbar in Verlegenheit, ob du die Reden oder das Leben, die Rhetorik oder die Philosophie, die Demagogie oder den Tod deines Mannes beloben sollst.
21. Es ist übrigens nicht schwer, dieses unschlüssigen Schwankens sich zu entschlagen. Du brauchst nur eine bestimmte der Seiten, welche sich der Betrachtung darbieten, welche sie auch sey, zum Beispiel seine Beredtsamkeit, festzuhalten und dich in deiner Darstellung darauf zu beschränken. Du wirst sie alsdann so hoch stellen, daß auch die gerühmte
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1764. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1764.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)