49. Unter den Festen, die ich kenne, wird das größte mit dem Beginn des Frühlings gefeiert. Sie heißen es das Brand- oder Fackelfest, und beobachten dabei folgende besondere Weise der Opferung. Sie hauen große Bäume um, und richten sie im Hofraume des Tempels auf. Hierauf werden Ziegen, Schafe und andere Opferthiere herbeigetrieben, und lebendig an den Bäumen aufgehangen: dazu kommen noch Vögel, Kleider, goldene und silberne Kostbarkeiten. Wenn nun dieses Alles gehörig vorbereitet ist, so werden die heiligen Bilder im Kreise um die Bäume herumgetragen. Hierauf zündet man die Bäume an, und in wenigen Augenblicken geht Alles in Flammen auf. Zu diesem Feste kommt viel Volk aus Syrien und allen umliegenden Landschaften, und Jegliche bringen ihre heiligen Bilder und Abbildungen mit, so darnach geformt sind.
50. An bestimmten Tagen versammelt sich das Volk in großer Menge bei dem Tempel. Hier verrichten viele Gallen und die oben erwähnten heiligen Leute den mystischen Dienst, wobei sie sich in die Arme schneiden und mit dem Rücken gegen einander stoßen. Eine Anzahl derselben steht dabei und bläst auf Flöten; Andere schlagen die Handpauken; wieder Andere singen begeisterte, heilige Lieder. Alles Dieses aber geht außerhalb des Tempels vor: denn so lange sie Solches verrichten, betreten sie den Tempel nicht.
51. An diesen Tagen entstehen auch Gallen. Denn während die Anderen unter Flötentönen den heiligen Dienst begehen, wandelt die Raserei auch Viele der Umstehenden an, und Manche, die nur um zuzusehen gekommen waren, verübten an sich, was ich jetzt beschreiben will. Der Jüngling,
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1748. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1748.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)