daß der Altar von einer sehr hohen im Wasser stehenden Säule getragen wird. Er ist jederzeit bekränzt und duftet von Weihrauch, da kein Tag vergeht, da nicht Viele hinzuschwimmen, um ihre Andacht daselbst zu verrichten und ihn mit Kränzen zu behängen.
47. Daselbst werden auch sehr große festliche Aufzüge gehalten, welche man die See-Processionen nennt, weil alsdann die heiligen Bilder alle an den See hinabkommen. Unter diesen kommt die Juno zuerst, um der Fische willen, damit sie nicht zuerst von Jupiter gesehen werden. Denn wenn dieß geschähe, behauptet man, so gingen sie alle zu Grunde. Und nun kommt Jupiter wirklich, um sie gleichfalls zu sehen; aber Juno stellt sich ihm entgegen, hält ihn ab, und bewegt ihn endlich durch viele Bitten, umzukehren.
48. Die größte aller Feierlichkeiten aber ist die Wallfahrt an das Meer. Ich weiß indessen nichts Zuverlässiges hierüber zu melden, weil ich diese Reise nicht selbst mitgemacht habe. Was sie aber bei ihrer Zurückkunft vorgenommen, habe ich gesehen und will es berichten. Ein Jeder bringt ein mit Wasser voll gefülltes und verschlossenes Gefäß mit, das mit Wachs versiegelt ist. Dieses Gefäß darf Niemand selbst öffnen, sondern ein heiliger Hahn, der seinen Aufenthalt neben dem See hat, empfängt sämmtliche Gefäße, besieht jedes Siegel, löst, nachdem er eine Belohnung erhalten, den Bindfaden auf, und nimmt das Wachs weg. Und so gehen dem Hahn für dieses Geschäft keine geringe Summen ein. Jetzt tragen sie selbst die Gefäße in den Tempel, gießen sie aus, opfern, und gehen wieder nach Hause.
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1747. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1747.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)