den Ränken eines verbuhlten Weibes unterlegen? Durch eine ganz ähnliche Aussage gegen ihren Stiefsohn Hippolytus brachte es Phädra dahin, daß der Vater dem Sohne fluchte, der Nichts, auch nicht das Geringste, verbrochen hatte.
27. „Sehr wahr,“ hör’ ich sagen: „allein bisweilen kann doch ein Angeber sehr glaubwürdig erscheinen, und alle Aufmerksamkeit verdienen, wenn er sonst für einen rechtlichen und verständigen Mann gilt, und noch nie eine Schlechtigkeit dieser Art begangen hat.“ Gab es je, frage ich, einen rechtlicheren Mann als Aristides? Und doch verband er sich mit einigen Andern zu des Themistokles Sturz und hetzte das Volk wider ihn auf, weil ihn derselbe politische Ehrgeiz, wie Jenen, stachelte. Aristides war also, im Vergleich mit Andern, allerdings ein rechtlicher Mann; allein er war ein Mensch, der Galle hatte, wie jeder Andere, und dem Einen zugethan war, einen Andern haßte.
28. Und wenn der Sage von Palamedes zu glauben ist, so hat der verständigste aller Achäer [Ulysses], so rechtschaffen er in allen anderen Stücken war, dennoch aus Neid gegen seinen Freund und Blutsverwandten, der mit ihm zu derselben Unternehmung ausgezogen war, Ränke zu dessen Untergang geschmiedet. So allgemein und den Menschen angeboren ist also die Schwachheit, dergleichen Fehler zu begehen.
29. Brauche ich noch des Socrates zu erwähnen, der mit so großem Unrecht bei den Athenern als ein gottloser und gefährlicher Mann verläumdet wurde? Oder des Themistocles und Miltiades, die man nach so großen Siegesthaten der Verrätherei an Griechenland verdächtigte? Ich hätte
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1457. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1457.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)