Lucian. Nun – so will ich gleichfalls Homer’s Worte für mich bitten lassen. Vielleicht daß ihr aus Rücksicht auf die epischen Verse, die ich zusammenfüge, mein Flehen nicht verschmähet:
Schont des Unschuldigen Leben, und nehmet stattliche Lösung,
Erz und Goldes genug, das auch die Weisen erfreuet.[1]
Plato. Glaubst du, wir wüßten nicht auch aus Homer dir zu antworten? So höre:
Nur nicht Flucht, o Frevler, erwarte mir etwa im Herzen:
Fruchtlos sprichst du von Gold, da in unsere Hände du fielest.[2]
Lucian. O wehe mir! Also auch Homer richtet nichts aus, auf den ich am meisten gehofft! So muß ich denn meine Zuflucht zu Euripides nehmen, ob der mich vielleicht noch rettet:
O morde nicht den Fleh’nden, Götterspruch verbeut’s![3]
Plato. Wie? Sagt Euripides nicht auch:
Nicht Unrecht leiden sie, die Unrecht selbst gethan?[4]
Lucian.
Für bloße Worte straft ihr mit dem Tode mich?[5]
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0369.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)