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Seite:Leo Kriegserinnerungen 76.jpg

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geschrieben und ihn um Nachricht gebeten. Nun ist der liebe Gott der liebe Gott, aber der Herr Oberst ist der Herr Oberst, und ich, mit dem er sich so eigens unterhalten hatte, war auf einmal eine wichtige Person. Zuerst fragte mich der Feldwebel, dann der Hauptmann, was der Herr Oberst mit mir gehabt hätte. Ich sagte bescheiden aber fest: ‚Privatangelegenheiten, Herr Hauptmann‘, und ‚Herr Feldwebel‘. Und ich glaube noch heute, dass ich meine Beförderung zum Gefreiten diesem Privatverhältnis zum Herrn Oberst zu verdanken habe. Denn etwa eine Woche später wurde eine kleine Anzahl von Einjährigen unsrer Kompagnie zu Gefreiten ernannt, neun von 25 bis 30, und ich war darunter, während andere, die es zehnmal mehr verdient hatten, z. B. Jäger, nicht darunter waren. Angenehm war es sehr. Wietfeldt und Schnitzler schrieben eine Karte an meine Eltern, in der sie das Ereignis mitteilten und hinzufügten: ‚dieses wohl der erste derartige Fall in Ihrem Hause‘; nach dem Muster der Depesche des Kaisers an die Kaiserin, er habe den Kronprinzen zum Feldmarschall ernannt: ‚dieses der erste Fall in unserm Hause‘.

Am 21. Februar verliess das Regiment sein Cantonnement und wurde nach Tours gelegt, einer schönen grossen Stadt, die vom Kriege nicht berührt war. Die Loire fliesst da prächtig wie der Rhein bei Bonn und die gegenüber liegenden Uferberge sind von schimmernden Villen besät. Da hatte man endlich wieder den Eindruck des vollen treibenden Lebens, offene Läden, Wagenverkehr und geschäftige

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_76.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)