auch gehörte, wurde hineingeschickt, um höflich nachzufragen. Die Besitzer waren natürlich nicht da. Eine ältere Wirtschafterin empfing uns an der Spitze einiger Mägde und sagte mit ungewöhnlicher Volubilität einigemale den bekannten Spruch her: nisk de vin, nisk de pain, nisk de viande, niske du tout du tout du tout, messieurs. Aber wir sahen uns in holder Verwunderung an, denn gleich beim Eintritt ins Haus überkam uns eine unbestimmte Glücksempfindung, die sich bald zu deutlicher Gewissheit steigerte: es roch nach frischgebackenem Brod! Da gab es denn kein weiteres Fragen, sondern wir gingen dem Geruche nach. Der führte uns gar bald freundlich an den Backofen, in dem noch die heissen Brode lagen. Aber fertig waren sie, wir baten sie herausholen zu dürfen und empfahlen der Dame, fürs Haus neue zu backen. Es werden so ein halbes Dutzend schöne grosse französische Weizenbrode gewesen sein. Dazu taten wir noch einen sehr glücklichen Fund in einer Kammer in der Nähe des Backofens, nämlich zwei ungeheuer grosse Töpfe mit Pflaumenmuss. Das alles brachten wir auf die Landstrasse hinaus, wo die Kompagnie wartete. Nun wurden die beiden Musstöpfe an den beiden Seiten der Strasse aufgestellt, die Brode eins nach dem anderen in Streifen zerschnitten, jeder bekam einen Schnitt, und dann defilirte Mann für Mann an den Musstöpfen rechts und links und jeder holte mit seinem Brod seine Portion Pflaumenmuss heraus. Es war nicht nur eine sehr vortreffliche Mahlzeit, sondern auch ein schöner Anblick.
Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_67.jpg&oldid=- (Version vom 29.6.2017)