an, die Kugeln umzischten uns und das greuliche Geknarre der Mitrailleusen orgelte darein. Am Fuss des Hügels angekommen machte man zunächst einen kleinen Halt in gedeckter Stellung. Da fand ich mich mit Fritz Jäger zusammen. Wir verabredeten rasch, dass wenn einer von uns beiden fiele, der Andre den Eltern Nachricht geben solle. Da schlug eine Kugel zwischen uns in Jägers Mantel ein, ohne weiteren Schaden. Später hat sich daraus die Legende entwickelt, die Kugel habe den Talisman an meinem Finger gestreift; und Tatsache ist, dass dem blauen Stein am Ringe ein Stückchen ausgebrochen war.
Als das Bataillon sich an der angegebenen Stelle gesammelt hatte, liess der Hauptmann die Tamboure Sturmmarsch schlagen und die Spielleute Avanciren blasen, das kurze aufregende Signal immer hintereinander. Wir gingen im Sturmschritt und ohne Unterlass Hurrah schreiend durch die dunkle Nacht den Hügel hinan. Hinter mir schlug ein Tambour den Marsch und schrie immer dazwischen als sein persönliches Feldgeschrei Cognac! Cognac! Wir taten keinen Schuss, um uns pfiffen zuerst noch die Kugeln, dann hörten sie auf. Als wir auf der Höhe ankamen und einen Nahkampf erwarteten, fanden wir keinen Feind. Er hatte sich vom Rande des Plateaus zurückgezogen, in Schrecken und Flucht, wie wir später von Gefangenen hörten. Der grösste Teil muss gleich die ganze Stellung verlassen haben, aber eine feindliche Abteilung war geblieben und hielt, wie wir bald entdeckten, in unsrer Nähe, nicht
Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_56.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)