anstrengend; in den Nachmittagsstunden wurde öfter ein Halt gemacht, dann lag im Moment jeder bei seinem Gewehr auf dem Erdboden, um ein paar Minuten die Glieder zu ruhen. Gegen Abend kam unser Bataillon an eine Wegbiegung, wo wir in einiger Entfernung einen breiten Hügel sahen und davor unsre Artillerie, die den Hügel beschoss. Als wir näher kamen, verstummte das Kanonenfeuer; wir hörten später, dass der Artillerieangriff lange gedauert und nichts ausgerichtet hatte. Unser Bataillonscommandeur, Hauptmann v. Montbar, ritt an den General heran, der da commandirte, um zu melden; wir hielten jetzt neben der Artillerie. Nach kurzer Zeit kam der Hauptmann auf uns zugesprengt, sprang vom Pferde, zog den Degen und sagte: ‚Leute, ihr habt schon ein Stück Arbeit hinter euch, aber jetzt zeigt was ihr könnt. Das Bataillon schwärmt aus, jeder für sich an den Hügel heran, dort wird gesammelt und dann hinauf!‘ Er zeigte auf einen Punkt am Fuss des Hügels, wo, wie es schien, ein Weg hinaufführte. Zwischen uns und der Anhöhe lag ein in tiefen breiten Furchen gepflügtes ansteigendes Feld, da mussten wir hinüber. Alle Müdigkeit war verschwunden. Wir liefen ausgeschwärmt an das Feld hinan und sprangen, nur das Ziel im Auge, immer von einem Furchenwall über die Vertiefung hin auf den andern, mit Gepäck und Gewehr, von Zeit zu Zeit hinstürzend, aber rasch wieder auf den Beinen. Inzwischen hatte sich die Dämmerung gesenkt. Bei unsrer ersten Bewegung fing von der Höhe her das Gewehrfeuer heftig wieder
Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_55.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)