auf einmal, dass der Raum rechts unter mir angefüllt war mit verwundeten, sterbenden und todten Pferden, die offenbar nach einem Reiterkampf am vorigen Tage da hinein geworfen waren. Ich kann den Anblick nicht beschreiben, obwohl ich es könnte, denn das vergisst sich nicht. An diesem Mittag liess ich wirklich das zubereitete Essen stehn.
Bei Grand Lucé biwakirten wir nicht, sondern lagen in einigen Häusern des Ortes; ich mit einer ganzen Menge, wohl der halben Kompagnie, im Wirtshaus. Als wir nach etwas Ess- oder Trinkbaren suchten, fand Einer zum Entsetzen der Hausfrau (auch hier war, wie meist, vom Hausherrn nichts zu sehn) einen Raum, in dem auf Brettern an der Wand allerlei Liqueure, der Vorrat des Hauses, standen. Daraus hätte leicht eine allgemeine Betrunkenheit und grosses Unglück entstehen können; aber die Unterofficiere wussten was sie zu tun hatten und verhinderten das sehr geschickt. Dagegen füllten wir uns die Feldflaschen für den folgenden Tag, der heisse Arbeit versprach. Denn Le Mans war nur einen Tagemarsch entfernt und wir wussten, dass dort eine Entscheidung bevorstand; wir hatten auch während des ganzen Tages Kanonendonner aus der Ferne gehört.
Am 11. Januar marschirten wir in aller Frühe aus und wanderten zehn Stunden lang, andre Truppenteile vor und hinter uns. Wir gingen zuweilen kreuz und quer, aber in der Richtung auf den Kanonendonner zu, der früh angefangen hatte und ganz allmählich näher wurde. Der Marsch war furchtbar
Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_54.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)