sind. Ihr müsst nicht etwa denken, dass ich es für mich erwartet hätte; davon war gar keine Rede; aber z. B. Fritz Jäger hatte es doppelt und dreifach verdient.
Unser Patrouillengang vom 5. Januar hatte den Feind aufgestört. Am folgenden Tage rückten wir aus unsrer Vorposten Stellung weiter vor; es fand ein heftiges Gefecht statt, an dem unser Regiment beteiligt war, aber wir blieben in Reserve. Abends kamen wir nach Montoire, einer kleinen netten Stadt, in der wir aber nicht etwa ruhig liegen durften; in der Nähe wurde gekämpft, wir waren stets im Felde, aber auch am 7. und 8. Januar in Arrièregarde. Diese Tage mit dem beständigen Hin- und Hermarschiren und der steten Spannung, ob wir in das Feuer, das wir knallen hörten, hineinkommen würden, waren kaum weniger anstrengend als die wirklichen Gefechtstage und dabei recht deprimirend. Den Erfolg merkten wir nur daraus, dass wir am 9. wieder vorrückten, im Morgennebel, bei scharfer Kälte. Diesmal waren wir vorn, wir stiessen sofort auf den Feind und kamen in starkes Feuer. Das Gefecht legte sich gegen Mittag und fing gegen Abend wieder an. Es war bei St. Pierre, eine weite Ebene mit niedrigen Hügeln. Der Feind war kaum zu sehn, er konnte aus grosser Entfernung schiessen, da die französischen Chassepots weiter trugen als unsre Gewehre. Nur von Zeit zu Zeit näherte sich eine Abteilung, dann schwärmten wir aus und verjagten sie oder zogen uns zurück, um nicht erdrückt oder umgangen zu werden. Dabei konnte man den
Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_51.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)