könnte aus dem was wir sehn behaupten, es wäre ganz sicher gesetzt. Aber wer von euch will zurückgehn, ohne den Auftrag aufs letzte ausgeführt zu haben? Vorwärts also!‘ Der Gefreite Merx lächelte uns zu, sagte: ‚Das ist was für euch Junge‘ und machte sichs in einer Deckung bequem; wir andern aber folgten selbstverständlich unserm Führer. Nun war es ganz hell geworden, vor uns lag das Dorf und auf dem Bergzuge waren jetzt die Posten ganz deutlich. Er war aber durchaus nicht so weit entfernt, dass nicht die Chassepots noch viel weiter hätten tragen können. Als wir, was ein ziemlich tolles Beginnen war, bis auf 80 Schritt an die Häuser herangekommen waren, knallte auf einmal vom ersten Hause her eine Salve auf uns zu und dann ein beständiges Gewehrfeuer hinter uns her. Denn beim ersten Schuss rief Unteroffizier Köster: ‚nun langsam und mit Deckung zurück! Deckung an den Bäumen!‘ Die Bäume, ziemlich jung und dünn, standen alleeartig an der Strasse, wir sprangen die etwa zehn Schritt von Baum zu Baum, möglichst in der doch sehr zweifelhaften Deckung. Gleichzeitig fing nun das Feuer von den Bergen her an und gleichzeitig ritten die paar Reiter an das Flussufer heran und schossen ihre Karabiner auf uns ab. So hörte ich also zum ersten mal die Kugeln pfeifen, und zwar über Kreuz von drei Seiten her, und so reichlich wie später kaum wieder. Sie tobten um uns her mit ihrem gräulichen Pfeifen ssü–ü–ü, prasselten in den Boden vor und hinter uns und an die Bäume, und wir konnten
Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_47.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)