wach sein. Oft kam es zu Gefechten mit feindlichen Patrouillen oder ein Schuss irgendwo alarmirte die Wache. Auf Feldwache ist es eben nicht wie in der Garnison oder auf Manöver, wo auch die Feldwachmannschaft schlafen kann, wenn sie weder als Posten noch Patrouille beschäftigt ist. Das Schlafen hörte also sozusagen auf; und dabei waren die Tage durch Marsch oder Gefecht ungeheuer anstrengend. Zuweilen wenn auf der Chaussee ein Halt von zehn Minuten gemacht wurde, lag ich in der Zeit mit dem Kopf auf dem nächsten Steinhaufen und schlief.
Ueber eine andere Entbehrung will ich rascher hinweggehn. Das Wasser war selten und eigentlich nur zu erreichen, wenn Abends das Biwak bereitet wurde. Dann versammelte sich alles um den Ziehbrunnen des Ortes oder Gehöftes, in dessen Nähe man war, und jeder konnte sich nach langem Warten sein Kochgeschirr füllen. Was man von diesem kleinen Quantum zum Waschen nahm, das entzog man dem Kochen; und es war kein Zweifel, dass es noch nötiger war, etwas Warmes in als etwas Kaltes auf den Leib zu bekommen. Dazu wurde es mit Anfang Januar bitter kalt, bis 10 Grad R.; und Schlafzimmer gab es nicht, die meisten Tage kein Dach. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass meine Hände einmal aussehen könnten, wie sie es nach wenigen Tagen taten; und die aller anderen auch. Ein warmes Bad, ein reines Hemd, ein Butterbrod, ein Beefsteak – das waren so die Bildchen, die göttlichen, die damals den Traum beseligten;
Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_43.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)