Es ist hiermit schon gesagt, dass die Verpflegung sehr mangelhaft war. Sie hörte in der nächsten Zeit fast auf, etwas Reis und Kaffee war eigentlich das einzige, was geliefert wurde; wir waren aber jetzt fast ganz auf die Lieferung angewiesen, da die Gegenden, durch die wir zogen, teils von den zurückgehenden Franzosenschaaren ausgesogen teils von Deutschen überschwemmt wurden. Wo es Quartiere gab, lagen die Zimmer von früheren Einquartierungen her voll Stroh, die Möbel waren ausgeräumt, die Wände kahl; in einem solchen Zimmer lagen etwa zwanzig Mann am Boden, schon damit Alles im Nu alarmirt werden konnte. Aber meistens wurde biwakirt. Wenn man in den Häusern nach Lebensmitteln fragte, so war die stete Antwort: nisk de pain, nisk de viande, nisk de vin, monsieur, niske du tout du tout du tout, und das Einzige was man bei gutem Suchen meistens fand, war der treffliche rote Landwein, der uns dann auch aufrecht und bei guter Gesundheit erhalten hat. Was man am schmerzlichsten entbehrte war das Brod, keineswegs das Fleisch; nach Brod hatte man eine heftige Sehnsucht und Begierde – die erst durch die Eroberung von Le Mans gestillt wurde.
Gleich in der zweiten Nacht kam ich auf Feldwache; und von da an fast jede Nacht, in der ersten Woche sechs oder siebenmal; ganz mit Recht, denn die alten Soldaten mussten einmal Ruhe haben. Die Feldwachen werden für die Sicherheit des Biwaks ausgestellt, sie sind im Freien, die Posten stehen an ausgesetzten Punkten und müssen verzweifelt
Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_42.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)