Tisch nebst zugehöriger Stube hatte eine Commission zu sorgen, zu der ich auch gehörte. Ich war in einem kleinen Wirtshaus einquartiert und verhandelte mit dem Wirt: er sollte uns eine eigne Stube in seinem überfüllten Hause für den Abend geben, einiges Essen und den nötigen Wein liefern; alles gegen Bezahlung natürlich, denn an Geld fehlte es uns nicht, da wir alle etwas mitgenommen und wenig Gelegenheit zum Ausgeben hatten. Der Wirt war sehr wenig geneigt und ich brachte nur allmählich heraus, warum er nicht daran wollte. Er dachte einfach, wir hätten die Absicht uns Ausschweifungen hinzugeben, für die sein Haus zu anständig wäre; nicht weil er uns als Feinden oder Preussen alles Schlechte zutraute, sondern weil er sich überhaupt nicht denken konnte, dass zwanzig junge Leute sich zu einem ganz harmlosen vergnügten Zusammensein versammeln würden. Als ihm dieser Irrtum genommen war, war er ganz bereit. So sassen wir Abends an einem grossen Tisch in einer niedrigen Stube um den Weihnachtsbaum herum. Was wir zu essen bekamen, weiss ich nicht mehr. Die Hauptsache war, dass es Rotwein zur Genüge gab. Den so einfach flaschenweise zu trinken erschien uns nicht feierlich. Die Commission entschloss sich für Glühwein. Nun wollte aber die Wirtin zwar die Gläser, doch nicht ihre Terrine hergeben, denn sie fürchtete wohl immer noch, dass die nicht heil durch das Bacchanal kommen würde. Wir nahmen also unsere beiden Waschschüsseln, wir bereiteten den Glühwein in der Küche und ich, dem als Rheinländer
Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_32.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)