des Infanteristen, zu wenig zurechtgedrillt worden. Schliesslich habe ich es durchgesetzt, kein einziges mal zurückzubleiben; freilich haben mir Schnitzler und Wietfeld, deren Füsse in besserer Verfassung waren, mehr als einmal den Kuhfuss getragen.
Die Quartiere waren in dieser Zeit meist ganz leidlich. Einmal passirte es freilich, dass unser Quartier, in das wir gewiesen waren, schon von Kavallerie besetzt war; ein andres zu suchen waren wir aber zu müde und legten uns auf die Steinfliesen des Hausflurs, den Tornister unter dem Kopf. Meist kamen wir in ein nettes Bauernhaus, mit einem grossen Wohnraum, über dem offenen Feuer im Kamin schaukelte der Suppenkessel; der Holzrauch, nach dem die Luft schmeckte, ist mir für alle Zeit als Erinnerungsgeruch an diese Zeit geblieben. Dann bekam man nach einiger Zeit eine gute Brodsuppe, oft auch Fleisch, und gleich bei der Ankunft himmlischen Cidre. Der Gedanke an den im Quartier winkenden Cidre hat oft den Marsch erträglich oder auch noch unerträglicher gemacht. ‚Wenn ich im Quartier bin, lege ich mich unters Cidrefass und lasse mir den Hahn in den Mund laufen‘ – es war wohl gefährlich sich so süssen Phantasien hinzugeben. Nach einigem Suchen gab es in den meisten Häusern auch roten Landwein, und oft war die eine Ecke der Stube oder auch ein Nebenraum ganz mit der Apfelernte angefüllt, in einem riesigen Haufen bis an die Decke; die Aepfel einzeln auszulegen wäre ganz unmöglich gewesen, Gelegentlich, aber
Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_30.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)