sehr uns wiederzusehn und gingen stundenlang in Erinnerungsgesprächen im Garten auf und ab.
Damals also wanderten wir mit Gepäck und Flinte, zum ersten mal in Feindesland, ich in Schmerzen, auf den Garten unseres Gärtners in der Vorstadt von Troyes zu, und schon auf dem Wege, als wir die abgelegene Strasse erfragen mussten, dann aber im Quartier und später noch oft dachte ich dankbar an Mademoiselle Hachette, die mich als Primaner in Bonn ein Französisch gelehrt hatte, das auch Franzosen verstehen konnten. Unser Gärtner war ein junger Mann mit einer jungen Frau, sie hatten wahrscheinlich erst in dem Unglücksjahr geheiratet. Das Paar empfing uns höflich, als wir unseren Quartierzettel überreichten. Es war ein kleines Bauernhäuschen, mit dem einen Wohnzimmer, wie überall, an der einen Seite die Feuerstelle, an der andern das Bett; dann ein Schrank, Tisch und Stühle, der Boden mit Steinfliesen belegt. Der Mann führte uns in die Dachkammer, wo ein Bett für uns stand, das Ziel unsrer Sehnsucht, an das ich auch in den nächsten Wochen oft mit Sehnsucht gedacht habe; denn gar bald wurden Betten ein holdes Märchen. Wir machten uns so ordentlich wie wir irgend konnten, wuschen uns mit Wonne nach so langer Entbehrung (denn was bedeutet ein Brunnen auf einem Bahnhof für so viele hundert Soldaten?) und verhehlten unsre Freude kaum, als wir zu einem wirklichen Souper gebeten wurden. An dem kleinen Tisch sassen der Mann und die Frau einander gegenüber und wir beiden desgleichen. Der Wirt füllte die
Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_25.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)