junger Rechtsanwalt an der Schwindsucht, deren Anfänge in den Feldzug reichten.
Dass Freiwillige nachgeschickt wurden, die erst so kurze Zeit ausgebildet, d. h. in der Tat unausgebildete Rekruten waren, hat dann bald aufgehört. Wir dachten natürlich, dass es in höchstens weiteren vier Wochen an uns sein würde. Da wurde eines Tages auf dem Appell ein Befehl von oben verlesen: der König hatte eine Truppe vorbeimarschieren sehen, in der ihm die jungen Freiwilligen durch ihre ungenügende Haltung auffielen; er hatte dann die allgemeine Bestimmung erlassen, dass kein Soldat ins Feld geschickt werden sollte, der nicht mindestens drei Monate lang ausgebildet wäre. Und so sahen wir uns auf die lange Bank geschoben und mit sinkendem Herzen berechneten wir, dass vor Ablauf der drei Monate alles aus sein würde; denn der Siegeszug des deutschen Heeres war gewaltiger als 1866, und da hatten wir erlebt, dass in wenigen Wochen der ganze Krieg zu Ende war.
Da kam Sedan und die Gefangennahme Napoleons; und wer von der Widerstandskraft des französischen Volkes und der politischen Lage überhaupt nicht mehr wusste als alle Welt, der musste freilich denken, dass nun bald der Sieger an die Heimkehr denken dürfe. Das sollte freilich anders kommen.
Wir waren nach den vier Wochen in die Kompagnien eingestellt worden, und damit hatte das Idyll ein Ende. Es wurde nun ein Garnisondienst ohne jeden Spass und gewiss mit viel mehr Ungemach als im Frieden. Nicht dass der Dienst
Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_10.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)