Hettner mit Recht als den Schwerpunkt in Defoe’s Urbild des „Robinson“ und als den ersten Reiz aller Robinsonaden nachgewiesen hat. Schon „Uli der Knecht“ und „Uli der Pächter“ besitzt seinen Hauptreiz in diesem Schauspiele, welches uns das Entstehen, Anwachsen und Gedeihen einer Familienexistenz fast aus dem Nichts unter günstigen und schlimmen Einflüssen vorführt; und das sichtliche Gelingen der Arbeit im unmittelbaren Boden, die sich sammelnden Vorräthe, der schließliche Besitz eines wohlbestandenen, in allen Ecken belebten und angefüllten Bauernhofs verursachen dem Leser das gleiche ursprüngliche Behagen, wie jenes glückliche Gedeihen der Robinsone. Im „Schuldenbauer“ ist wieder der ganz gleiche Vorgang, indem ein Knecht und eine Magd sich heirathen und von unten auf anfangen, jedes mit einem individuellen hinzugebrachten Charakter; allein der Verlauf ist ein verschiedener, indem der Verfasser hier zeigen wollte, wie sich die Kenntniß und Liebe der Arbeit und Ordnung – welche nichts weiter will und zu müssen glaubt, als sich selbst genügen und ehrlich durch sich selbst bestehen, welche nicht begreifen kann, wie sie dabei nicht bestehen sollte, während ein anderer, der nichts thut und eigentlich auch nichts versteht, den Gewinn davon hat durch ganz einfältig und thöricht scheinenden Schwindel – zu eben diesem Schwindel, d. h. zur Spekulation mit müßigen Händen, verhält. Der Bauer arbeitet mit seiner Frau, ist betriebsam, kenntnißreich und fleißig von früh bis spät, alles gelingt ihm, aber nicht für ihn, sondern für die Güterkäufer, Agenten, Spekulanten und Hallunken, in deren Händen er ist und welche alle Radikale und liberale Lumpe sind; bis ein alter adeliger Grundbesitzer und Patricier ihn
Gottfried Keller: [Über] Jeremias Gotthelf. Wilhelm Hertz, Berlin 1893, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keller_Gotthelf_152.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)