mit welchem seine Religiosität verquickt ist, läßt ihn zu solchen falschen Mitteln greifen.
Er sagt in der Vorrede, daß er ein geborener, nicht ein gemachter Republikaner sei, daß aber sein Verlangen auf einen christlichen Staat und daher all sein Schreiben und Wirken auf dieses Ziel gerichtet sei. So ist denn die Religionsgefahr der eigentliche Inhalt seines Buchs, vorzüglich wie sie durch die Berufung des Tübinger Professors Zeller über den Kanton Bern gekommen und durch die freisinnige Einrichtung und Leitung des Lehrerseminars befördert worden ist. Zunächst versteht er unter dem christlichen Staate die alte Republik Bern, welche aus alten christlichen Bauerndynastieen besteht, die so lange auf ihren fetten Höfen sitzen dürfen, als sie Christum bekennen. Thun sie dieß nicht mehr, so kommen sie um Haus und Hof. Es steht indessen im Evangelium kein Wort davon, daß der rechte Christ ein reicher Berner Bauer sein müsse. Nebenbei haben diese Bauern noch die schöne Prärogative, einem Armen um Gotteswillen ein Stück Brot zu geben, „denn“, klagt Einer, welcher darüber weint, daß er nun seine Religion „abgeben müsse“: „am meisten könnten mich die Armen dauren, die um Gotteswillen bitten und denen man um Gotteswillen gibt und hilft, denen bliebe nichts anderes übrig, als Hungers zu sterben oder Gewalt zu brauchen!“ Wir trauen Bitzius gern zu, daß er einem Armen, auch wenn er als ein blinder Heide geboren wäre, doch von Herzen ein Stücklein Brotes gäbe und denselben nicht unbedingt verhungern ließe, auch wenn er nicht um Gotteswillen bäte; daß er aber mit obiger Bauernlogik zu Felde zieht, gibt einen glänzenden Beweis seiner demagogischen Fähigkeiten. Einen atheistischen,
Gottfried Keller: [Über] Jeremias Gotthelf. Wilhelm Hertz, Berlin 1893, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keller_Gotthelf_147.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)