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Seite:Keller Gotthelf 138.jpg

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oder das Volk, welches diese beschützen will, verächtlich und lächerlich zu machen; endlich gehört dazu eine gewisse innere Wahrheit und Berechtigung, welche den vorgebrachten Meinungen, seien sie, welche sie wollen, einen anständigen Ernst verleihen und verhindern, daß dieselben in bloß marottenhafte oder gar possenhafte Vorbringungen ausarten, die am Ende gar nirgend hingehören und nirgend zu Hause sind.

So lange Jeremias Gotthelf die Sache aller rechtlichen und ordentlichen Leute, die Sache des gesunden Volksthums gegen die Liederlichkeit und Narrheit verfocht, hatte er einen guten Grund und Boden und war ein tüchtiger Künstler, wenn seine schönen Erzählungen auch „strub“ und naturwüchsig geschrieben waren. Seine Parteiseitenhiebe konnte man dabei hinnehmen, zumal sie nicht immer ungerecht waren gegen manche Narrheiten und Lumpereien des Liberalismus, wo dieser mit Renommage und halbgebildetem Herrenthum Hand in Hand geht; denn Wahrheit schadet nirgend und ist in allen Dingen gut. So lange er ferner das Menschenschicksal und dessen Ertragung an sich betrachtet und darstellt, wie er es vorfindet, so lange ist er ein ehrenwerther und verdienstvoller Meister, und auch da müssen wir es hinnehmen, wenn das Übel, welches von mißverstandenem politischen Leben hereinbricht, deutlich beschrieben wird. Seit er aber alle Rechtlichkeit und Weisheit, alle Ehre und Wohlgesinntheit, kurz alles Gute Einer Partei vindicirt und alle Ehrlosigkeit, Schelmerei und Narrheit, alles Übel der andern, seit er das Menschenschicksal ausschließlich abhängig macht vom Bekenntniß dieses oder jenes Parteistandpunkts: seitdem hat er den Boden unter den Füßen verloren und liefert uns leidenschaftlich-wüste, inhalt- und

Empfohlene Zitierweise:
Gottfried Keller: [Über] Jeremias Gotthelf. Wilhelm Hertz, Berlin 1893, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keller_Gotthelf_138.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)