lächerlichen und naseweisen Arbeiten des Herrn Taillandier studirt!
Analog seiner religiösen ist auch Jeremias Gotthelf’s juristische Weltanschauung. Er ereifert sich heftig über den eingerissenen Humanismus im Rechtsleben und sehnt sich nach der Blüthezeit des Galgens und der Ruthe zurück. Und ganz liebenswürdig naiv sind ihm die heutigen Richter nichts anderes als ausgemachte Schelme und Spitzbuben, welche mit den ungehängten Verbrechern unter Einer Decke stecken. Nicht aber, daß er sich sehr um die Gesetze kümmerte, wenn sie gegen ihn sind. Seine Helden üben ein kräftiges Faustrecht und prügeln unter dem sichtbaren Beifallslächeln des Verfassers ihre radikalen Widersacher weidlich durch. Diese sind natürlicherweise immer höchst erbärmliche und nichtswürdige Gesellen, und Jeremias Gotthelf schildert sie als solche mit großer Trefflichkeit. Leider muß man gestehen, daß es im Gefolge des Zeitgeistes eine Menge solcher schofeln Hallunken gibt; indem wir aber sagen: des Zeitgeistes, so ist zugleich gesagt, daß, wenn dieser konservativ wird, ihm jene armen Teufel ebenfalls nicht fehlen. Sie schließen sich jeder Partei an, welche an’s Agiren kommt und Aussichten hat oder verheißt. Die deutschen Treubünde der Gegenwart haben ein schönes Kontingent Ritter von der traurigen Gestalt in sich aufgenommen. Halbherrenthum bei hartnäckigem Geldmangel sind ihre Triebfedern. So wenig der christliche Gott es verhindern kann, daß sich Wucherer, Heuchler und Erzschelme zu ihm bekennen, so wenig kann irgend eine Partei solchen Kameraden verbieten, ihre Fahne aufzustecken.
Doch wollen wir es unserm Dichter Dank wissen, daß
Gottfried Keller: [Über] Jeremias Gotthelf. Wilhelm Hertz, Berlin 1893, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keller_Gotthelf_127.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)