und allenfalls bei den Bürgerklassen der Städte, und wenn sie es sind, welche Wirkung sie gemacht haben. Nur von Hebel weiß man, daß er in den alemannischen Gauen populär geworden ist. Es kann auch nicht anders sein. Die wohlfeilste Ausgabe von Pestalozzi’s „Lienhard und Gertrud,“ dem unübertroffenen Muster, kostet, trotzdem daß das Buch vor einem halben Jahrhundert geschrieben wurde, heute noch über einen Gulden; Auerbach’s verschiedene Auflagen sind bis jetzt noch sämmtlich von dem gewöhnlichen belletristischen Publikum konsumirt worden, gleichwie Geßner’s „Idyllen“ nicht von Schafhirten, sondern von Marquisen und Patriziern gelesen wurden, ohne daß ich übrigens eine weitere Vergleichung hier beabsichtigte. Die angeführten zwei Bücher von Gotthelf: „Uli der Knecht“ und „Uli der Pächter“, kosten zusammen beinahe vier Gulden. Wie lange es geht, bis ein Bauer für ein Buch, das nicht gerade die Bibel ist, vier Gulden disponibel hat, weiß jeder selbst, der mehr in einem Bauernhaus verweilt hat, als bloß um an einem heißen Sommertage eine frische Milch darin zu essen. Und vollends ein armer Bauer oder gar ein Knecht! Und wenn sich endlich ein solcher Sonderling und Verschwender findet, gewiß eine Vogelscheuche für das ganze Dorf: wie soll das Buch zu ihm gelangen, oder er zu dem Buche? Er bekommt keine Bücherpackete „zur gefälligen Einsicht,“ und ebenso wenig hat er Muße und Gelegenheit, sich in den Buchläden herumzutreiben und nach „Novitäten“ zu fragen; und auf den Büchertischen am Jahrmarkt, wo der „Eulenspiegel“ und der „Gehörnte Siegfried“, der „Trenk“ und das Kochbuch liegen, sind obige Volksschriften leider nicht zu finden. Ich übertreibe zwar: ich weiß wohl, daß hier und
Gottfried Keller: [Über] Jeremias Gotthelf. Wilhelm Hertz, Berlin 1893, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keller_Gotthelf_094.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)