IV. Absch. Unmöglichkeit eines ontolog. Beweises etc. | 593 |
klüger, in Ansehung der Bedingungen, die es unmöglich machen, das Nichtseyn eines Dinges als schlechterdings undenklich anzusehen und die eigentlich dasienige sind, was man wissen will, nemlich, ob wir uns durch diesen Begriff überall etwas denken, oder nicht. Denn alle Bedingungen, die der Verstand iederzeit bedarf, um etwas als nothwendig anzusehen, vermittelst des Worts: Unbedingt, wegwerfen, macht mir noch lange nicht verständlich, ob ich alsdenn durch einen Begriff eines Unbedingtnothwendigen noch etwas, oder vielleicht gar nichts denke.
Noch mehr: diesen auf das blosse Gerathewohl gewagten und endlich ganz geläufig gewordenen Begriff hat man noch dazu durch eine Menge Beispiele zu erklären geglaubt, so, daß alle weitere Nachfrage wegen seiner Verständlichkeit ganz unnöthig geschienen. Ein ieder Satz der Geometrie, z. B. daß ein Triangel drey Winkel habe, ist schlechthin nothwendig und so redete man von einem Gegenstande, der ganz ausserhalb der Sphäre unseres Verstandes liegt, als ob man ganz wol verstände, was man mit dem Begriffe von ihm sagen wolle.
Alle vorgegebene Beispiele sind ohne Ausnahme nur von Urtheilen, aber nicht von Dingen und deren Daseyn hergenommen. Die unbedingte Nothwendigkeit der Urtheile aber ist nicht eine absolute Nothwendigkeit der Sachen. Denn die absolute Nothwendigkeit des Urtheils ist nur eine bedingte Nothwendigkeit der Sache, oder des
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 593. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_593.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)