298 | Elementarl. II. Th. II. Abth. Die transsc. Dyal. |
Denn wir haben es mit einer natürlichen und unvermeidlichen Illusion zu thun, die selbst auf subiectiven Grundsätzen beruht, und sie als obiective unterschiebt, anstatt, daß die logische Dialectik in Auflösung der Trugschlüsse es nur mit einem Fehler, in Befolgung der Grundsätze, oder mit einem gekünstelten Scheine, in Nachahmung derselben, zu thun hat. Es giebt also eine natürliche und unvermeidliche Dialectik der reinen Vernunft, nicht eine, in die sich etwa ein Stümper, durch Mangel an Kentnissen, selbst verwickelt, oder die irgend ein Sophist, um vernünftige Leute zu verwirren, künstlich ersonnen hat, sondern die der menschlichen Vernunft unhintertreiblich anhängt, und selbst, nachdem wir ihr Blendwerk aufgedekt haben, dennoch nicht aufhören wird, ihr vorzugaukeln und sie unablässig in augenblickliche Verirrungen zu stossen, die iederzeit gehoben zu werden bedürfen.
Alle unsere Erkentniß hebt von den Sinnen an, geht von da zum Verstande und endigt bey der Vernunft, über welche nichts höheres in uns angetroffen wird, den Stoff der Anschauung zu bearbeiten und unter die höchste Einheit
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 298. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_298.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)