Salbte damit den Geschwächten,
Heilt’ den Sohn, der schlecht gefahren,
Keine Hülfe bracht’ die Salbe,
Redet darauf diese Worte:
„Bienchen, du mein liebes Vöglein,
Fliege du nach andern Seiten,
Fliege über neun der Meere,
Zu der Insel auf dem Meere,
Zu den honigreichen Fluren,
Zu den neuen Stuben Tuuri’s,
Zu Palwoinen’s unbedeckten,
Dort ist wonniglicher Honig,
Welche jede Ader binden,
Jedem Gliede Nutzen bringen;
Bringe mir von diesen Salben,
Bring von diesen Zaubermitteln,
Daß den Fehler ich bedecke,
Auf den Schaden sie verbreite!“
Bienchen, dieses leichte Männchen,
Flattert nun empor nach hinten,
Flieget über neun der Meere,
Flieget einen Tag, den zweiten,
Flieget auch am dritten Tage,
(Läßt sich nicht in Schilfe nieder,
Ruhet nicht auf einem Blättchen)
Zu der Insel auf dem Meere,
Zu den honigreichen Fluren,
Zu dem Wasserfall voll Feuer,
Zu des heil’gen Stromes Wirbeln.
Dorten ward gekocht der Honig,
In den kleinen Thongefäßen,
In den hübschen Kupferkesseln
Von der Größe eines Daumens,
Von der Fingerspitze Breite.
Bienchen, dieses flinke Männchen,
Sammelt fleißig diese Salben;
Wenig Zeit war hingegangen,
Kaum ein Augenblick verflossen,
Kommet schon herbei gesummet,
Sechs der Schaalen in den Armen,
Sieben Schaalen auf dem Rücken,
Sind gefüllt mit guter Salbe,
Voll von starkem Zaubermittel.
Selber Lemminkäinen’s Mutter
Schmierte dann mit diesen Salben,
Schmiert’ mit neun verschiednen Salben,
Schmiert’ mit acht der Zaubermittel;
Keine Hülfe bringen diese,
Redet’ Worte solcher Weise,
Ließ auf diese Art sich hören:
„Bienchen, du, der Lüfte Vogel,
Fliege nun zum dritten Male
In die Höhe nach dem Himmel,
Fliege über neun der Himmel,
Honig giebt es dort in Fülle,
Süßer Seim so viel man wünschet,
Den der Schöpfer sonst gebrauchet,
Seine Kinder selbst gesalbet,
Bei dem Leid durch böse Mächte;
Tauch die Flügel in den Honig,
Deine Federn in die Süße,
Bringe Honig auf den Flügeln,
Süßen Seim auf deiner Hülle,
Um die Schmerzen hier zu stillen,
Um den Schaden herzustellen.“
Bienchen nun das sinn’ge Vöglein
„Wie soll ich dahingerathen,
Ich, ein Männchen ohne Kräfte!“
„Wirst gar gut von hinnen fliegen,
Wirst gar schön nach oben rauschen
Über Mond und unter Sonne,
Durch des Himmels schöne Sterne;
Fliegend wirst am ersten Tage
Du des Mondes Schläf’ umfächeln,
An dem zweiten kommst du nahe
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_080.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)