Zum Inhalt springen

Seite:KB AR Rechsteiner Chronik Ms401-359 Seite 356.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

356
228

Pestilenz, Schüet und Sterbend genant worden.

Die Leichen wurden schichtenweis in eine Gruben gelegt, die Pfarrer lesten nur
die anzahl der Todten ab u. wurde ihnen nur abgedancket. Es wurden eigne
[UE 1] Schühet pfleger verordnet, die Leute flohen auf die berge u. viele Güter
lagen ungebaut, deßwegen Theurung u. hungers noth erfolget.
[1628 bis 1629] War widerum eine grausame Pestilenz so das in Trogen 1004 Personen, in
Herisau 1409, in Uräschen 552, u. im Speicher 230 Personen, der Dritetheil
wenigstes in dißer neuen Gemeind gestorben sind im herbst erst ao. 1629, dann
die Pest war zu erst in Trogen, das den 20. May ein mann von Trogen auf
St. Gallen gieng, und bym Adler dort sein nacht herberg nahm, und morgens schon
gefährlich krank war das er nach selbigen Tags gestorben, des Wirthshaußhaltung
u. Freundschaft u. haußhaltung wurden auch angesteckt, das etliche geschwind dahin
gestorben, u. diese Seuche sich also bald in die Burgerschaft außbreitete das in
9 Monat Zeit 1630 - Personen hingerafft worden. Auf diese Vorfallenheiten
machte die Stadt St. Gallen, ein Lazaret hinter der Bernek, alwo Fremde von
Verdächtigen ungesunden orten ankommende Personen außbesorgender ansteckung anderer,
etwas Zeit sich aufhalten müßen. Etliche wochen wurde der Gottes dienst im
Land unterlaßen u.die Wochen Predigten ganz eingestelt (so 1578 angeordnet worden)
die angesteckten wurden von den gesunden gesönderet u. eigne Schüetpfleger
mußten die kranken besorgen, man trug diese, wan sie den Prediger verlangten
unter die Fenster, das er sie voraußenstehend Trösten u. mit gebät u. ermahnung
zum Tode vorbereiten konnte.
[Ao. 1635 Julj] War G.l. die leste Pestilenz im Land, doch nicht so böß als die vorigen.
Eß starben im Speicher 76 Personen in diesem Jahr, u. war nicht bestimt wie viel
an der Pest, eß war eine grose Theürung die auch eine ursach des vielen
sterbens mag geweßen seyn. Das Viertel Korn galt ƒ. 5.-, böser war die Pestil.
Jn St. Gallen, starben an der Pest u. an der Roten Ruhr 1200 burger, und
[AU 1] nach etlich hundert Fremde. Das Predigten, Schullen u. alles stilgestanden.
      Der Körper, worin wohnen ist jezo Schwächlich, unzählichen Schmerzen u. Krankheiten
außgesezt; voll von unordentlichen Treiben; und endlich eine sichere Beute des
Todes, so wie er nun ist, kann er un möglich auß den händen des Schöpfers ge-
kommen seyn. Er ist folglich zerrüttet u. dieße Zerrüttung hat sehr nachtheilige
Einflüße in die Eigenschaften u. Geschäfte der Seelen. Der Geist ist willig,
aber das Fleisch ist schwach! Wir seufzen in dießem Leibe; wie von einer Last
beschweret! Matthai 26.41. 2. Corinther 5 - 24 das Lehrt die Bibel u. erfahrung. [Fortsetzung Seite 357 Zeile 32]
—————
[Ao. 1529] Hab der Englische Schweiß in der Schweiz auch gewaltet welcher aus Engelland kommen
die Leute wurden mit grausamer hitz u. Frost angegriffen wodurch sie in einen
tiefen Schlam u. Schlaf kammen, und außerordentliche großen Schweiß fühlten, und
in Zeit 24 stunden starben.


  1. Von dem Sittlichen Verderben.




Anmerkung

  1. Schüet auch Schühet, bedeutet Pest, Seuche