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Seite:KB AR Rechsteiner Chronik Ms401-357 Seite 354.jpg

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Von Kinder Boken & andern Krankheiten.

Schon etlich hundert Jahr lang waren die Kinderbocken [Kinderpocken], eine so verderbliche
Kranckheit das viele Tausend Kinder dem Tode überleifert wurden, u. andere
die diese außschlacht überstanden u. mit dem Leben darvon kammen, ihrer
Schönheit beraubet oder an augen geschädiget nach eine leze bekammen.
      Den Urspsrung der Boken [Pocken] oder Blatern Krankheit wollen Doc. die Zeit auf das Jahr [St. Gl. L.B.]
[ca. 574] sezen, das solche in helvetien zu erst bemerckt worden, andere auf die Kreuzzüge *)
da viele neue Krankheiten herkommen sind durch unsittliche Lebens art u. unreinigkeit.
Dies endlich durch das rühmliche Unternehmen u. untersuchen des Hr. Docter Jenner,
ein Engländer, sich bemühet dieses Kinder übel außzurotten und dieses menschen
beglückende unternehmen wurde mit so guten erfolg gekrönet & das gesegnete gute
mitel erfunden die Boken den Kindern einzupfrofen, und eß gelang so gut das
ende des achtzehen hunderten Jahrs in allen Staaten Europa solches unternohmen
worden, und die Eltern zum besten ihrer Kinder darzu aufgeforderet und ange-
halten wurden damit den unschuldigen Kinder das Leben zuretten u. solche
vor der peinlichen außschlacht zubewahren, eine allgemeine Eltern pflicht sey.
[1799]      Wurde in unßern Land auch der anfang gemachet u. diese Einimpfung gieng
glückllich von staten, das solche Kinder keine mehr daran gestorben, aber eß gab in
allen Länder nach viele Eltern die den Lieben gott wollen walten laßen,
und ihre Kinder nicht einpfrofen, sie würden aber an meisten ort darzu ge-
zwungen u. in ihre häuser verspert die blatern bekommen, damit sie keine andere
anstecken können. Es wurde anfänglich von andern außschlacht Kinder matteri
genommen und darmit eingepfrofft, hernach aber von Kuh bocken wann die
*) Küh böße uter [Euter] bekommen oder blatern daran, deßnahen der glauben ent-
standen das die Kinder die blatern erErbt von der Kuhmilch weil eben
junge Kinder so bald sie gebohren worden die außschlacht bekommen haben.
      Eine ander Pestartige Krankheit war der Außsaz genant, der ein Erb-
stück der Kreuzzügen war u. von dem unsittlichen bilgerleben entsprungen.
Wie hier pag. 9 zuleßen ist. Wie auch die neapolitanische Kranckheit die von
[1490] dem außschweifenden Soldaten Leben, in Länder u. Städte gebracht worden,
und die Lustseuche, oder Franzosen genant worden. Worvon hier pag. 229 zulesen.
      Deßwegen auch in Stadt u. Land mußten Siechen häuser gebaut oder
gemacht werden, damit solche angesteckte Personen von andern menschen
können abgesönderet & curiert werden.
      Der aussaz hat G.l. auch können außgerottet werden, das die Siechen
häußer im Lesten Jahhundert aufgehört u. auch außgestorben sind hier.
      Die andere Kranckheit aber schleicht im Finstern, u. sind leider viele Leut
darvon angesteckt , die nicht so bald außgerüttet wird werden können.