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Ausgrabung der Todten wegem Kirchenbau im Speicher.
[Ao. 1808] d 1. April, hat man wegen bevorstehendem Kirchenbau u. Vergrößerung
der Kirchen, die Todten so hinter der Cancel verstattet worden,
circa 20 schuh beßer hinab legen müßen, eß wurden allezeit
die Pfarrherren, wie auch amt-haubtleut, u. Räth, dahin vergraben,
eß waren etliche Särg erst seit Ao. 1800, 1802, 1803, die meisten waren
schon verfaulet weßen das keiner ganzen mehr konte überengelegt werden,
u. da die Särg eröffnet waren, so sahe man schon alle leichnam verwesen,
welches anzusehen war wie feine Erde nur der Schedel u. die
Todten gebeine waren nach ganz, u. die Särg vast voll solcher
Erden von Cörpern, das man bey dißem anschauen gedencken
[AU 1] müßen, der Mensch von Erden geschaffen müße wider zur Erden
werden, u. das in so kurzer Zeit, ein einziger Leichnnahm von 1802
konte man nach das ganze Todten gerip in Natura sehen das
nach nicht zusammen gefallen war § vom Todten Kleid kam auch
wenig mehr zum vorschein, die Todten bein u. Schedel mit den
schönsten weißen Zähnen sahe man, die vermuthl. lange Jahr bleiben.
§ dießer Sarg ist mit schwarzem Waxtuch eingemacht worden, oder
geweßen, u. vermuthl. deswegen länger gehalten. Hr. I.S.
[Ao. 1808] d 3. April am vorbereitungs Sontag, ist eine Kirchhörj gehalten worden wegen erkauftem
Wirths Hauß der Hirschen von Hs. Jb. Meyer, a ƒ. 5944 von 5 Herren allein gesch.
und ist der Schik mit einem kleinen mehr genähmiget worden, von nicht zahler,
die helfte Raths Hr. sind nicht zur Kirchen kommen will sie kein wohl gefallen haten
& glaubten der Kirchenbau wurde sonst genug kosten.
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Von alten Straßen und dero ursprung derselben.
Zu den Zeiten der Römer, im ersten oder Jahrhundert haben schon sie 2 heers-
straßen angelegt, deren zwo von Pfin durch den Kanton St. Gallen nach
Chur führten; nämlich, eine durch das Gaster, die andere über Bregenz,
Kluß und Mayenfeld. arx pag. 6. *) (Fines oder Pfin ist im obern Thurgau.)
Jm achten Jahrhundert sind schon St. Gallische Zins Leute und Leibeigene,
höfe und huben in Jtalie geweßen, unter aufsicht der Kloster geistlichen,
und vogts die für jedes gau besondere bestelt waren.
*) Schon Spanische und Jtaliänische Völker veranstalteten durch allgemeine übereinkunft
Landstraßen, auf welchen sie dem Kaufmann ihre Waaren gewährten, die Einwohner ersezten
was in jedem Land geraubet wurde. pag. 11.
- ↑ du bist Erden u. mußt wider zu Erden werden.
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-320_Seite_317.jpg&oldid=- (Version vom 11.12.2024)