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Seite:KB AR Rechsteiner Chronik Ms401-290 Seite 287.jpg

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Von alten gebräuchen an Hochzeiten, und von Wirthen.

[AU 1]Die großen hochzeiten mußten in Wirths Häußer gehalten werden, am Sonn- oder dienstag
die Braut und gespiel tragten gold Portierte hüt mit fliegenden herabhangenden banden,
Schapel und haarband, die Reichen tragten auch silberne Gürtlen, von gold u.
Silber beschlagene braut- oder Psalmen bücher, vom hochzeitern verEhrt worden.
Die gespiel wahrtete den hochzeit gästen mit muscatnus auf, auch der
Braut becher ware darmit vermischt, dem Hr. Pfarrer wurde derselbe mit
einer Beig biberzelten über reicht u. gebothen von der Braut mit schnupftuch.
     Der Hochziter u. sein Gesell wartteten den Hochzeit Gästen in weißen Ermel
[AU 2]und weißen Schoß mit fraßen auf, der gesell mußte am Abend den Pfarrer
abhollen, der ca. 9 bis 10 uhr abdanckte im mantel, hochzeiter u. gesell
mußten dem Pfr. auch in mentlen zur rechten u. Lincken nebend ihme stehen,
nachdeme wurde die hälseten genant einzogen, (das war die hochzeit Steur)
Da jegliches nach belieben zahlte, vor allem nur wenige bazen, von Zeit zu
Zeit aber erforderte eß mehr, wil die Wirth ƒ. 2 bis ƒ. 3 zur örten machten,
so wurde auch 1 bis 2 tHr. gehälset, u. so bald diese eingezogen gieng die
nahörten an, wo jeglr. selbst wieder zahlen mußte, in den 1780r und 1790r
Jahren giengen diese große hochzeiten meistens auß, weil die Vermögl.
an anderen oder fremden orten sich copUlieren laßen.
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Ferner Verordnugen wegen Wirthen & Weinschenken im Mandaten.
[Ao. 1607 bis 1613] Ein jeglicher Wirth mußte um ƒ. 100 einen Tröster stellen vor altem.
In den Dörfern wurde das Wirthen von der obrigkeit erlangt, und
außert den Dörfern aber von gemeinen Landleuten oder Landsgemeinden.
Guten und schlechten Wein untereinander mischen warihnen Verbotten bey der buß,
an Frömden orten kein Wein Dings kaufen, das Wirthen alle Jahr 2 mahl erlang.
Kein Weinkauf höher dan ƒ. 4 geben. Anloben das Sie die Sazung gehalten.
Bevogtteten und Ledigen Leuten nichts dings geben bey Verlust der Schuld,
und des Schilts, wenn ein Wirth die daflern nicht außhenckt 3 lb. d buß zahl.
Denen so das Almosen empfangen nichts zutrincken geben bey Verlust des Schilts.
So einer bis über mitternacht wirthet ƒ. 6 Buß, oder gar um den Schild gestraft,
vor - und während der Predig niemand zutrincken geben alß frömbden Leuthen.
[1620] dem Ledigen Volk nur alle monat eine Tag ürten [Zechen] erlaubt, der Wirth aber
[AU 3]nicht mehr dan 10 xr zur ürten [auf Rechnung] machen, und abends 4 Uhr widen wegschaffen.
[1664] den Wirthen erlaubt worden, alten Wein 2 xr auf den neuen 1½ xr die maß schlagen.
*) Keinem mehr den für 1½ xr brandenwein oder brendliwaßer geben bey 1 lb d Bus.
[alR 1612] wurden die hochzeitmähler auf 7 bazen erhöcht der Rheinthaller Wein 6 xr die maas.
[AU 4]Eine übertriebene Freundlichkeit war auch üblich in Wirths häuser das allen Leuten mußte der Trunck
geboten u. bescheid gethan werden, u. wer das nicht that dem wurde deß nicht gut aufgenommen.
[AU 5]*) heut zu tag werden mehr gebrandte waßer getruncken, als in älteren Zeiten Wein
u. most, dann eß werden etlich hundert Eymer brands in unser Land geführt.


  1. die obrigkeit wurde an die hochzeit geladen Ao. 1654 23. Jenner vom kl. Rath [T?] Hr. verordnet dem H.Jacob Höhener auf Gaiß, u. ihme ein becher p. ƒ. 20 verehrt worden.
  2. Ao. 1661 21. aug. an H. Johanes Grubers hochzeit 6 herren verordnet und ihme ein becher ca. 15 oder ƒ. 16 verEhrt worden. Hr. Pfarer Anthon Schieß im Herisau hatte 1654 5. Julj 262 Personen am hochzeitmahl gehabt u. 50 paar im brautzug.
  3. (einem Paar)
  4. Trunckbieten
  5. anmerckung