Zum Inhalt springen

Seite:KB AR Rechsteiner Chronik Ms401-288 Seite 285.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

285
177

Vom Ehegericht in Constanz, vor & nach der Reformation.

Unter der Aebtischen Regierung übte der Pfarrer von St. Gallen nicht allein [arx 257]
die Sendgerichte, sondern außert den Ehescheidungen, auch alle andere Rechtsame
eines Erzpriesters auß. In der zwischen der Sittern und der Goldach gelegenen
Pfarrey St. Gallen, zufolg eines vom Abtbischofe Salomon III. erhaltenen, &
vom Kayser Karl dem dicken, und vom Pabst Johanes bestätigten Frey-
heits Brief wegen Pabstlicher Diespensation siehe den Landsgemeind Schluß p 19 hier.
     Nach Erworbener Freyheit aber wurde das ganze Appenzellerland in Geistl.
und Ehesachen, dem Bischof von Constanz unterworfen. Appenzell schon 1061. [244]
     Der Ehebruch aber wurde vom Rath gestraft 10 Pfund pfenig. *)
Nach der (Landtheillung und der) Reformatin, haten die Reformierten in V.R.
kein anderes Ehegericht , und wurden alle Spänigen Ehe partheyen dahin
nach gewießen, nach der Land- und Regimentstheillung aber wollte es
den Reformirten in auß Rooden zu schwär fallen, mit solchen grosen kosten,
und beschwärung des gewüßens sich den Bischflichen Rechten und ihren
Catholischen Gesezen Ferner zu unterziehen. Indeme man die Reformier-
ten Partheyen in Constanz beEydiget, und auch zum beichten dort gezwungen
worden, da also diese Päbstlichen Ceremonien, der Evangelischen
Religion entgegen waren, hat man mit wohlbedachtem Reth bey den
G.l.Eydgnoßen in Zürich das Ehegericht besucht, und angefang-
en sich nach selbiger ordnung und Reformierten Gesezen zurichten, bis
u. Ao. 1600. eine eigene Ehe Gerichts ordnung, und geseze, deßwegen
erichtet worden in V.R. und die Ehescheidungen vorgenommen worden
auch mit der Stadt St. Gallen einen gemeinsammen Synodo gehalten bis Ao. 1757 aufgehört.
     Das unßer Appenzellerland nach erkämpfter Freyheit, in Kirchen- und
Geistlichen sachen, gleichwohl nach unter den Aebten u. Bischof in Constanz,
gestanden, beweißen die neuen Kirchen Trogen, Gaiß, Teuffen, Urnäschen, die alle
mit bewilligung der Aebten, u. bestätigung des bischofs haben erbaut werden müsen.
[AU 1][16 ] *) die buß des Ehebruchs wurde in V.R. auf 30 lb. d. gesezt & 10 lb d. vor den Degen
und gefangenschaft vor beide theil, das Weibsbild aber nur 15 lb. Pfenig Straƒ.

Von Heurath Guth und Hochzeitkosten.
[1568] hat sich Adryan Ziegler von Zürich, mit Barbara Baumnny, auß dem Flecken
[AU 2]Appenzell vermählt. Beyde auß wohlbemitelten häusern, die Baumänin, be-
kam zur morgengabe 100 Sonnenkröne [Geldmünze], und der Ziegler ƒ. 300.- mit einem
harnisch und einem Schwert außgeteurt, darzu soll er 4 Jahr lang hauszins
Frey seyn oder jährlich ƒ. 8 hauszins geben.
     die Hochzeit kosten waren, Braut Rok mit Samet ƒ. 28, Ihro einen
Goldenen 2 fachen Ring ƒ. 8.-, ein beschlagen haar meser ƒ. 9.-, einen sammeten
Seckel mit goldenen knöpfen ƒ. 7.-, ein mantel ƒ. 10.-, ein sammeten
Leibrok ƒ. 12.-, ein Wammes ƒ. 9.30 x. 3 paar Schuh ƒ. 1.-, vor die mit-
tag u. nacht mahlzeit ƒ. 9.- viel personen, den Speilleuten bey dem Tanz 24 x für
den Tanzplaz 12 xr Moritz dem naren am hochzeit fest hoffiert, ein paar hosen ƒ. 2.


  1. vor alten wurde einer Ehbrechern die haare abgeschneiden, mit ruhten gegeislet herum geführt.
  2. in ältern Zeiten bestand ein heurathgut in ochsen und einem gezähmten Pferdte,nebst einem Spieß u. Schwerdte und einem Schilde. Zu erjnerung im Krieg zu streiten sey Pflicht.