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Vicary im Speicher hat Hr. Pfarrer Schlang.
[Ao. 1787 d. Julj] hat Hr. Canditat Küng, das vicariat hier angetretten, Er wurde dem gemeinen Volk
sehr Lieb, weil er sich wohl wußte einzuschmeichlen durch einen Liebreichen umgang, und
vielen besuch in die häußer, auch in seinen Predigten hate er einem angenehmen kurz
vortrag und verständlich, die Verehrungen wurden viel ihme gegeben und nicht mehr
dem Hr. Pfarrer, man hörte nicht selten wünschen, das man ihne zum Pfarrer
annehmen solte, aber zum Glück vor unßere Gemeind, wurde Küng zum Pfarrer
[d 3. 8bris.] im Schönen Grund erwehlt, und das vicariat im Speicher währte nur circa 8 Wochen *)
der alte Seelenhirt mußte also erfahren wie bald seine Schaafe Jrr geführt, und von
ihme abwendig gemacht waren, und lis am ersten Sontag absingen auß den
[AU 1]geistl. Psalmen „durch Adams Fall ist ganz verderbt.
*der Küng führte in seinem Ledigen stand ein lustiges Leben, war öfters der
Speilmann des Jungen Volks, das ihme darüber sein gewüßen solle aufge-
wachet und zur schnellen bekehrung solle gebracht worden seyn, er wolte sich durch
Demuth außzeichnenen, u. ließ einen langen bart wachsen, fangte an Lehren
zuhalten, und der Zulauf wurde so groß, das eß ihme von Geist- und
weltlichen behörden mußte untersagt werden, und weil er nicht anstöß-
iges gelehrt, so wurde ihme gerathen nach zustudieren, er gieng zu dem
endehin zu dem Hr. Proveßer Wägely, auf St. Gallen, wurde aufgenommen,
gelehrt, und aufgestelt nach auß gehaltenem Exammen und hernach leider
als Pfarrer im Schönengrund, ergab er sich der Trunckenheit, u. einem sehr
Liederlichen Leben, das er abgesezt und vom Capitel ausgeschloßen
worden, er kehrte wieder zu seinem alten handwerk zurück u. machte
Rechen u. Gablen, und hielt sich viel an catholischen orten auf und
führte ärgerliche reden, so auch Leben u. Wandel, ob Verdruß ihne so weit
darzu gebracht, oder ob seine obige bekehrung u. gezeigte Frömigkeit
nur heuchely geweßen, weil ich nicht urtheillen, sonderen nur zu einem
Warnenden beyspiel diese beschreibung gemachet haben.
Nachdeme sich einige Gemeinds gnoßen sich stark vermercken laßen, das man
zu keinem vicare mehr lust habe, entschloß sich Hr. Pfarrer Schlang, die Pfrund
wieder selbst zu versehen, bis Ao 1791 im früh Jahr machte er wiederum um
(früh Jahr) die Reiß nach St. Morizen & eine Chur mit selbigem Waßer zu-
trincken gemachet, aber ohne guten erfolg oder Efect, so das er nach seiner
heimkunft nicht mehr selbst Predigen möchte, und bis nach dem Bettag immer
frömbde Prediger von St. Gallen mußte kommen laßen.
Endlich da Hr. Decan Tobler, in Teufen, gestorben, & Hr. vicari Meyer,
in Teufen nicht mehr nöthig war, Wagte eß Hr. Pfarrer Schlang eigen-
mächtig, ohne Vorwüßen T. Hr. amt haubtleut u. Räthe u. E.E. Kirchhöry
den Hr. vicarj M. anzunehmen, das wurde von vielen außgelegt alß ein
Ein-
- ↑ von seinem Lebens Lauf *)
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-143_Seite_142.jpg&oldid=- (Version vom 1.12.2024)