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Von Zärtlicher Lebens art & Moden der Haare.
Die entstandene zärtliche Lebens art verfeinerte zwar unßere
Zeit genoßen, aber sie wurden auch viel schwächer und zärtlicher empfl.
alß unßere VorEltern, eß gibt je länger je mehr unbartige Manns-
bilder, die weibliche gesichter haben u. abgeschwächte Körper.
An stat langen Bärten ließen viele nach schnauz stehen und Baken-
bärte wachsen, wann sie von der Wanderschaft oder fremden Landen
zuruk kamen tragten sie 1. Haarzopf, und die Kaufleut Haarsäck,
die großen Herrn aber Paruqen mit Rollen bis auf die achsel
herab hangend, welche hier in 1750r Jahren auch entstanden bey den
Herren Schläpfer & Frisuren, haarbütel bey den Bedienten.
Nach der Revolution anfangs des 19.ten Jahrhundert, ließ alles
die Haare kurz abschneiden, auch die Köpf ganz bescherren, oder
das haar über die Stirn abhangen, in ältern Zeiten hats beschorne blatten.
Das gleiche geschahe auch von Frauenzimmer, sie krußten ihre haar
u. ließen ihre Rollen u. haarlocken bis auf die augen über
die augenbrom abfallen, das also mit den haaren auch Staat
u. pracht getreiben wird wie mit andern Moden. Dargegen
die großen Frauenzimmer Frisuren hörten wieder auf.
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-100_Seite_99.jpg&oldid=- (Version vom 27.11.2024)