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Von langen Bärten & Wichtigkeit der haare.
[AU 1] Unßere Ahnen und vor Vätter ließen ihre Bärte so lang wachsen,
das sie ihnen über die Brust herabhingen, und kein Schärrmeser kam
an ihr Haupt, erst zu ende des Seibenzehenden Jahrhunderts, fangte
man hier an die Bärte abscheren zulaßen, und der erste alhier
war Rathsherr Johanes Näny, der deßwegen in gefahr kame seine
Rathsstelle zu verliehren. Lange Bärte wurden vorzeiten für eine
Zierde der Männer gehalten, u. höher als die haubthaare in Ehren
gehalten. In Kloster wurden kurze Bärt aber etwas lange haare
getragen, ihre Leibeigenen haten auch kurze Bärte und die Freyen aber [arx 162]
lange bärte, man bätete im Kloster zum haar- u. Bart abschneiden.
Die haare sind wahre gewächse die mit ihren zwirbel wurzel in
der haut stecken, deren Körper eine harte schallen hat, und inwendig
holl sind, wan man sie mit der wurzel außreißt und in Waßer
sezt, wachsen sie wie jedes andere gewächs auch im grab wachsen
sie nach fort. So klein und veracht die haare sind gehalten, so sind
solche doch wichtig am menschlichen Körper, dieselben beschüzen
uns gegen die ungemächlichkeiten der Kälte u. der Weiter-
ung, beschirmen unßre augen, ohren. Sie führen viel un-
reine säfte auß dem Körper, daher solte man sie ohne noth nie
abschneiden, u. sie sorgfältig kämmen, weil sonst von dem un-
rath der sich unter u. zwischen ihnen sammelt Krankheiten ent-
stehen könten, bey den alten Menschen verwachsen die feinsten
haar gefäße u. wan sie verschloßen werden sie weiß oder silber-
farb, dieße sind auch zur Ehr deß Menschen, dan graue haare
sind eine Krone der Ehren, u. wie schön und Ehrwürdig ist ein
alter greis der seine graue haare mit Ehren tragen kan, auf
dem Wege der gerechtigkeit, und das solche auch unter der
gütigen aufsicht des Schöpfers stehen, beweiset weil kein haar
von unßerem haupte fallet ohne deßen Willen, und das alle
unßer haare auf unßerem haupt gezehlet, nach Evg. Math. 10. C.30 v.
Samson hate seine große stärcke im haar.
Die alten Appenzeller waren sehr haarreich, deßnahen auch stark
u. von daurhafter gesundheit, sie tragten ihre brust ofen und frey,
u. waren abgehärtete Leut, auch die wilden krußen haare mög
nach ein Zeichen der ersten Appenzeller bewohner auß der Wildnus
herkomment seyn, die Roh und Wild geweßen und gelebt haben. Die
- ↑ Da Rom 454 Jahr gestanden haben die Römer zuerst auf Sicilien babierer kommen
u. sich abscheren laßen, das man im streit sie nicht mehr bey
den lang. bärten ergreifen könne.
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Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-099_Seite_98.jpg&oldid=- (Version vom 27.11.2024)