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Seite:KB AR Rechsteiner Chronik Ms401-096 Seite 95.jpg

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Von der Nahrung & Lebensart der Appenzeller

# (Nebige Beschreibung gehört hieher zum anfang).
Von alten Helvetier melden die Geschichtschreiber, das Sie meistens von
einer Breye von Korn mehl, Waitzen und haber gelebt, Fleisch Speißen hielten sie
vor ungesund. Zu Gally zeiten war die Nahrung wie hier im XIX blat zusehen.
      Von der Lebens art im Stift St. Gallen ist hier in 18. blat zulesen.
Von den ersten bewohner des Appenzellerlands, sind solche Jäger geweßen,
und haben meistens vom Gewild gelebt. Es hatte auch wilde Schwein u. ochsen,
[AU 1]und dergleichen genug, aber das wilde Fleisch habe die menschen grausam gemachet,
das sie auch eine wilde zornige Gemüths art bekommen haben, und Haut Kranck-
heiten wurden sie wegen solchem Fleisch genießen unterworfen.
[AU 2]      Nachdeme aber das hirten Leben entstanden, die sich von Milch u. Kräuter
ernährten, wurden solche gesunder, sahen beßer auß und wurden zärter, in dem
Hirten und bauren stand war ihre Lebens art sehr einfach sie lebten nebst der
Milch, auch von Schotten, Käß, und Schmalz, und von selbst gepflanzten früchten
Korn, gersten, Waitzen, haber, Bohnen, und anderm Mehl vermischt, das es
ein schmakhaftes aber sehr schwarzes brod geweßen sey. Sie aßen wildes obst.
[Ao.1625] hat Hr. Pfarrer Anhorn hier, von damahliger Nahrung und Lebens art folgen-
des beschreiben. Das Volk ernähre sich meistens vom Vieh, Schotten, milch,
Schmalz und Zeiger, fäßten und magern Käß, Kirschen, [gemüs?] und gedörret obst
und selbst gepflanzte Früchte, waren ihre Speißen, Habermuß, gersten, Rogen,
bohnen, Waitzen, und fäßen war ihr brod, das sie selbsten verbachten, die
vermöglichern haten auch fleisch speißen, und Wein zum Trincken.
Bey dießer einfachen Lebens art, von lauter Landes Produckten, waren sie
gesund, freudig, vernügt und stark, von groser gestalt und schönem aussehen.
Vor Zeiten bekammen sie zimlich geld auß Holz und kohlen weil Jährlich bey Tausend
fuder nach St. Gallen geführt worden, das die obrigkeit eine außfuhr bestim-
ung diß wegen machen müßen, das nicht mehr alß 3 Stäfel Holz auß
dem Land verkauft werden dörfen von einem, auch ohne erlaubnis nicht mehr dörfte
Kohl bronnen werden, worüber sich die Stadt St.Gallen beklagt hatte 1579er handel.
      Es wachste im Land auch viel Salnitrum oder Salpeter, daraus vieles schieß-
pulver gemachet wird, und Jährlich viel Centner in andere Länder verkauft
worden. Dießer Gewerb führte Ulrich Diezi, von Urnäschen, Ao. 1625 welcher eine
Pulver mühly und ein schönes haus daselbst gebauen.
      Es wurde im Land auch vieh erzogen, und schöne Pferdte, die sie in nachbarte
Land verkauften und groß geld daraus lößten, wie auch auß molchen.
      Es hatte auch viel Jmmen im Land und der honig war vortrefflich gut,
das derselbe theurer kauft wurde als von andern orten.
      Jn den bergen werden viellerley Ertz, von gold u. Silber, Eißen, Stahel, u. Kupfer, oder
ander Metal verborgen ligen, die Appenzeller aber grabend dießen ungewißen dingen
nicht nach, sondern besezen die berge lieber mit schönen Kuh, u. ist Jhnen das Käß u. Schmalz
gaden das angenehmste bergwerk, u. viel boden u. vieh ihr größter Reichthum.


  1. & Wildpret, milch, butter und Käß
  2. Jhr Getränke war auß gerste u. anderem getreide, eine art wie Bier. Von Wein u. geld wußten sie nichts bis die Römer sie beides kennen gelehrt.