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Von Appenzell.r Revolution J. Müllers Bündige Beschreibung
[Ao. 1400.] Die vom Abt an die Stift gelößten Reichssteuren erhöhte derselbe [pag T.]
um viel; die abgaben von Gütern wurden unerträglich.
Der Landman von Appenzell in reiner Bergluft auferzogen, gesund,
meistens groß, allezeit stark, durch mancherley Kampfspiele von Jugend auf
geübt, genießet einer freyen Sele: das zeigt er in allem, den er ist red-
lich in seinem thun, Leitsam durch liebe, unbiegsam wider ungerechten
Gwalt, freudig im Krieg, und von aller furcht weit entfernt; deßwegen
er auch leichter einsieht was zu thun ist, wie er überhaupt bald Jede
sache in ihrer natürlichen gestalt erblickt und beurtheilet. Als durch
die obgedachten begebenheiten Landkundig wurde, welch ein herr der Abbt
Cuno war, schöpfte jeder Haus Vatter in seiner hütte unmuth u. sorgsame
gedancken, und nach u. nach traten biderbe Landleute zusamen; manches
freyes Wort ließen sie fallen, um die gemüther der Menge zuerforschen.
Bald wurden die Gemeinden berufen; da redete, wer die offentlich.
übel am tiefsten empfand, und stelte das Exemel der Waldstette vor;
da kamen sie alle überein, das der Appenzeller an Muth für sein Land
keinem andern Volk nach gibt. Am lautesten erhob sich die Sprache der
Freyheit in den Vier Ländchen des Reichs; Trogen der hauptfleken
im Sonderamt, und Herisau trat ihnen bey; das ganze Land von
Appenzell, wo sonst jede Gemeind für sich gelebt, schloß heimlich auf
das die Vögte nichts gewahr wurden einen bund für die erhaltung
der Landes herkommen, und wider den Mißbrauch der höchsten Gewalt.
Nach dem höchsten sie hiedurch einer des andern sicher geworden, zweifelten
[AU 1] Sie nicht mehr, sezten einen Tag, machten sich auf und bemächtigten
sich der Burgen; die Vögt eilten in flucht.
St. Gallen Stift war durch Spaltungen, unglückliche Kriege, unort-
nungen u. nachläßigkeit, schon mehr als seit hundert und zwanzig
Jahren in so grose Schulden gefallen, das der unweise Abt, welcher sich
dieses unglük zu zog nicht fähig war einigen militarischen Widerstand
zuthun, zehen Reichsstette um den Bodensee u. in dem benachbarten
Schwaben mit welchen er in einem Bund war sandten auf seine Mahnung
Boten zu den Appenzellern. Das Land gab ihnen Treuen bericht seiner
bereitwilligkeit, rechtmäßige Pflichten zu leisten, u. seines entschluses
Trutz u. unrecht nicht zu dulden. Das begehrten die Appenzeller nach.
Der Abt möchte seine amtsmänner auß den Landleuten wählen die sie
ihm vorschlagen wollen“ Einen für das allgemeine Woll nützlichern
Artickel konten sie nicht begehren, wäre er genehmiget worden, der Abbt
konnte vielliecht bis auf diesen Tag dieses Lands fürst gebleiben seyn,
denn die, welche durch Reichthum u. Verstand u. Muth bey dem volck Groß
waren, würden haben wollen dem Abt nicht unangenehm seyn, damit er
sie an die führnehmsten ämter sezte, u. alle Tyraney wäre unterbleiben,
den das Volk würde nicht leicht einen vorgeschlagen haben, der fähig war
derselben Werkzeug zu seyn. Dieser Vorschlag wurde durch den Richterspruch
der Städte zu Rafenspurg verworfen, der Landleuten bund lößten sie
auf, übrigens versprachen sie mit vielen Worten, wie der Abt nichts un-
billiches begehren soll.
- ↑ Der Schluß ists nicht eine Schickung der sache der Appenzeller, wie im nord amerykanischen Krieg, das wenn die Vorsehung beschloßen eine Nation frey zu machen, die andern wie Roboam die unweisesten Rathschläge allezeit vorziehen! 1. König XII.
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-082_Seite_81.jpg&oldid=- (Version vom 27.11.2024)