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Seite:KB AR Rechsteiner Chronik Ms401-081 Seite 80.jpg

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Vom Geschicht Schreiber Joh. von Müller über der Appenzellr. Befreyung.

Jn Zeiten des Fortgangs der Schweizer, der Bildung des Gottshauß bundes
u. allgemeiner bewegung der gemüther für die nattürlichen Recht des
Menschen, thaten sich etwa 6 Dörfer, welche nie zu vor unter gleichem Namen
vorgekommen, auß ungedult gegen harte amtleute, in eine Republik zusammen,
die bald sieghaft auß dem Gebirg hervor trat, in fünf Jahren viele grose
Panner, fünf Städte, und vier und sechszig burgen, von Kiburg bis in die
Thäller der Adige den Schreken ihrer Waffen gebracht, fast ohne beystand
sich behauptet hat, und bestehet bis auf diesen Tag; das Land Appenzell.
Dieses Gebirg haben in sehr alten Zeiten freye Männer und ihre eigene Leute
so fern der fleiß der Menschen über die Natur vermag, angebauen; sie
haben die Sümpfe getröchnet, und die Wälder außgerottet. Jhr Herr
war der König der Franken, von welchen der Zins ihrer güter u. andere
Nutzung an die Stift St. Gallen, vergabet worden, die Reichsdienste, u.
Blutbann bleiben der Krone; Es bleiben auch in ihren Rechten die Jenigen
Herren deren Knechte eine Gegend in dieser Wüste urbar gemachet
haben. So war die Gewalt nach der Manier der alten Zeiten vertheilt,
und keiner hatte sie unumschränckt. Appenzell u. Urnäschen, zu oberst
in den Thällern am Fuß des Alpsteins, unten in milden Bergen
Teufen u. Hundwil, diese vier Ländchen Steurten an das Reich, und
haben in allgemeinen sachen etwa zusamen gehalten. Die andere gegend
von der Gaiß, zum Speicher, die Höhen ob dem Rheinthall auch ob der
Landschaft St. Gallen, wurden Sonderamt genant; Gerichte sezte
alda der Abbt Hermann, von Bonstetten; von fremden Richtern
wurden sie durch den König Wenseslas befreyt. Endlich in den Westlich-
en Bergen gegen Toggenburg, da wo der fleken Herisau, anmuthig
ligt, ob der Stadt St. Gallen, selbst war das Lehen der Vogtey
Schwänberg und Meyerey zu Herisau, in der hand Rudolfs von
Roschach, dienstmans zu St. Gallen.
Es gelung dem Abt Cuno von Stauffen, das er so wohl diese Roschachischen
güter als Jene Reichsdienste an die Stift lößte, alle herrschaft über das
Bergland bekam unter seinen Gewalt; um die Grundveste derselben,
die Liebe der unterthanen um die nur gab er sich keine mühe.
Der Abbt Cuno Lebte in zeiten die der Freyheit günstig waren;
Er aber wolte das Volk in keinen sachen ehren; er war ein strenger Mann,
und auf deißen Ton herschten seine amt leute. Der obervogt auf der
Burg in Schwendi in dem inneren des Lands legte auf Käß, milch,
butter, einen ungewohnten Zoll und er hatte zwen grose hunde, zu
rennen auf Jederman der sich weigerte des Zolls; der vogt von Appen-
zell war ein unbarmherziger Eintreiber, das er beym einen Todtenfall
nicht zufrieden des besten Kleides in dem Erb, das Grab öffnen Ließ
um den Rok zu nehmen, mit welchem die armen Kinder ihren Todten
Vatter bekleidet hatten. Die