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Von Glaubens Verbeßerung & Reformatoren.
Die Appenzeller wagten eß zuerst sich dem grosen gewalt u. zwang
[AU 1]des Pabstes zuwider sezen, man wolte sie auch mit geistl. Waffen dem Abt
wider gehorsam machen, durch Bann und in die Acht Erklärung. Aber
Die Appenzeller versammelten eine Lands gemeind und machten den Schluß darüber
„das sie nicht wollen in dem ding seyn, oder Jnterdikt, (das Bann genant wurde).
Die Geistlichen mußten ihnen die Kirchen wieder öffnen, meß lesen, Gottes dienst
halten, Tauf u. Abendmahl angedeyen laßen und welche das nicht mehr thun
wolten, Jagten sie zum Land hinaus, oder waren ihres lebens nicht mehr sicher.
Sie entsezten sich weder von geistl. nach Weltlichen gewalt, u. folgten nur ihrer ge-
sunden Vernunft u. überzeugung, u. ihre behaubtung erregte erstaunung und Ver-
wunderung in ganz Europa, über das beherzte bauren Volk. Hundert Jahr hernach
[1518] hat Pabst Leo, der X. den unverschamten ab-laß Krämer bernhardum Samson
in die Schweiz gesandt, mit volkomenen gewalt den Leuten ablaß der Sünden
vor bares geld zuverkaufen. Ein gleiches mußte auch Tetzel in Teutschland
thun, welchem sich aber Docter Marty Lauther kräftig widersezte, daß er
deßwegen auch in Bann gethan worden u. von allen geistlichen verrichtungen
außgeschlosen, obschon von anfang seine gesinungen nicht gewesen seyen, eine
Veränderung in der Religion zubewürcken, sondern nur wieder die Päbstlichen
mißbräuche zu kämpfen, die nicht mit der bibel u. gesunden Vernunft über-
einstimten, so haben seine grundlich überzeugende Schriften *) ein solches Liecht
allgemein verbreitet das viellen Taußenden also bald die augen geöffnet,
und die Wahrheit erkant, u. ist mit viellen Beyfall unterstüzt worden von **)
Geist- u. Weltlichen Personen, das Luther als ein Werkzeug Gottes den
Grund zur Glaubens Verbeßerung & Reformation gelegt u. außgeführt,
unter größtem Wiederstand vom Pabstthum, u. nicht ohne Leib u. Lebensgefahr.
[1519] Ein gleiches that auch M. Ulrich Zwingly in der Schweiz, aus dem Togen-
burg gebuhrtig, er war Prediger in Einsiedlen, wurde aber auf Zürich berufen
zum Prediger, Zwingly machte das bedingnuns, das ihme vergönt werden
möchte, nichts anders als nach dem Lautern Wort Gottes zupredigen, dieses
wurde ihme vom Rath verwilliget, und Predigte am neu Jahrs Tag das erste
mahl 1519 u. hernach mit vielem Segen und grosem Beyfall, bis er hernach Ao.
1531 im Capeller Krieg mit den 5 Cathol. orten auf dem Schlachtfeld gestorben.
[1521] War Pfarrer Benedic Burgauer zu St. Lorenzen, u. Wolfgang Weter, Helfer,
die ersten Reformatoren, mit beyhielf docter Joachim von Watt & Johs. Kesler.
[1522] hat auch Walther Klarer Pfarrer in Hundwill, wie auch Pelagus am Stein
[1521] Pfarrer von Trogen (vorhero auch in goldach die Reformation beförderet.
Und weil Pfarrer Klarer die Begebenheiten über die Reformation weitläufig be-
schreiben u. Pfr. Walser solche in seiner Appenzeller Cronik heraus gegeben, so
auch in andern Cronicken, die Folgen der Reformation umständlich zulesen sind. So
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[1521] *)ist vom Pabst befohlen worden des M. Lauters Schriften zu verbrenen u. zu unterdrucken.
**) Calvin war Reformator in Genf, u. führte dieselbe ein mit grosem Ernst der Zucht.
Die fortsezung pag 12.
- ↑ Ao. 1411: Widerloß gelasen von Acht u. bann bis Ao. 1429.
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-045_Seite_44.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2024)