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Speicher - Vorzügliche Geschichten.
Der Rood & Gemeind
Der ursprung deißes Names soll von einem Zehent-
Speicher entstanden seyn, wie Walßers Appenzeller Chronick p.99
Lautet „das vor alten Zeiten da wo die Kirchen nun stehet, ein Zehent-
Speicher gestanden, dahin man denen Aebten von St. Gallen, auß denen
umligenden Gegenden gehörige Zehenden von Früchten, wie auch Käß und
Schmalz &c. geleifert, und dahin eingesammelt worden“. Und weiters
ist keine genugsame auskunft am Tag, zu welcher Zeit, und wie
dieser Speicher entstanden, oder dahin gebauen worden.*)
Aber nicht ohne Grund ist zuvermuthen, das der Speicher schon unter
den Fränkischen König den anfang genommen, da sie ihre Königliche Güter
im Land gehabt, zwischen denen Flüßen Goldach und Urnäschen, und des
Königs Bergleute diese Cammer Güter als Leibeigene vor ihren König
und oberherren bearbeiten mußten, und die Früchte gehörten in die
[AU 1]Königliche Cammer, die über der Thur geweßen, zu Helfenschwil u. Zukenried.
Welche zur einsammlung und aufbewahrung der Früchten schon solche Speicher nöthig
mögen gehabt haben, ein starker Beweißthum ist was der berühmte
Geschichtschreiber Joh. von Müller geschreiben im Theil pag.
Das zu den Zeiten da Karl der Große sein Reich unter seine Enkel
vertheilt hatte, waren Bauren die nicht mit Leib und Blut sein
waren, und auf seinem Eigenthum hin und wider Plätze anbauten zu
seinen verstreut ligenden Speicher“ darzu machte er auch die an-
merckung“ auch im Land Appenzell heißt ein alter ort Speicher. Es seye
aber keine nattürliche außlegung zufinden. **) (Speicher alp heißt eß auch.)
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**) Der Name Speicher weil nichts anders sagen als Magazin, oder auf-
Behalter der Früchten, und andere sachen auf zubewahren. Es hatten auch
viele Bauren Höf solche Speicher heut zu Tag nach in der Schweiz, in Bern,
heißt es hinter den Speichern, und aller orten fast werden solche genant.
In Königsberg sind 1769 über 100 Speicher ein raub der Flammen worden,
und 1776 ein ganzer Reihen wider solche Kaufmanns Speicher abgebrandt, und 1811
widerum 134 Speicher eingeäschert worden, darin Flachs, Hanf, und andere
Waren sich befanden, und auch Getreide Speicher waren, darin Frucht aufgespeichert.
*) Die Aebte haben das Bergland erst in spätern Zeiten nach und nach
bekommen. Wie hier pag XX schon angemercket ist. Die Königliche Kammer hatte
im neuenten Jahrhundert nach Waldung zu Kobel, Diepoldsau, Widnau, Balgach u. hier.
- ↑ sihe hierin 2 Blat weiter
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-029_Seite_28.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2024)