26
3
Vom ursprung der Stätte und Märkte. Fleken & Dörfer &
Handl. & Zöll zur Verbeßerung der Landstraßen &c. (handwerker.
Der Name der Städter, oder der vilains, war anfangs verächtlich
nur den Lohnleuten gegeben, die auß mangel des Landeigenthums
sich von Gewerben und Handwercken nährten; mit der Zeit konnten solche
Leute nicht länger zerstreut, der ander da, der eine dort leben. Ein Jeder,
um in seiner Kunst oder Handwerck ruhiger und ununterbrochener zu arbeiten,
bedurfte eine menge anderer Künstler und Handwercker, deren einer dem andern
in die Hände arbeittete. Ihre Hütten und Häußer bauten sie zusammen; so
Entstanden Flecken, Dörfer und Städte, wo vorher nur zerstreute Höfe ge-
weßen. Nach und nach gelang eß den Einwohnern das sie nicht mehr
alle augenblicke von ihrer arbeit weg gehen müßen, um da oder dorthin
entweder ihre arbeiten feil zutragen, oder Materialien und Werckzeuge hollen
zulassen. Die Land Eigenthümer mußten in die Stadt kommen, um
daselbst für ihre Feldfrüchte allerley Kunstarbeiten und Bequemlichkeiten ein-
tauschen zukönnen. Für Käufer und Verkäufer war eß eine ersparung der
Zeit, das sie nicht auf einen bloßen Zufall warten oder auf glük und ge-
rath hin bald da bald dorthin reißen mußten, entweder um Waaren
zuverkaufen oder einzukaufen, so bald man wußte wo man solche Waaren
haben könte, wurde Kauf und verkauf erleichteret, die Pläze zur nider-
lag der Waaren und Güter bestimt, wie auch die Zeit zu verhandlung
derselben verordnet, und so entstanden Wochen- und Jahrmärkte.
Zum erstaunen ist es, wie viel die entstehung derselben zu Kultur
des menschlichen Geschlächts, und zur Verbeßerung des Gesellschaftlichen
Zustandes bey getragen haben.
An solchen orten, wo die Waaren auß und eingetauscht wurden, ließen
sich Rathgeber und Schiedrichter nider; Es entstanden Richter u. aufseher,
einzig mit Beylegung der Streithändel oder mit Sicherung des Handels
und Wandels beschäftiget. Unvermerckt vergleich man sich darüber,
von den Waaren, welche entweder auß oder eingeführt wurden, einen
kleinen Zoll zuerstatten, und dieses Einkommen wurde ursprünglich zur
Verbeßerung der Landstraßen und Beförderung des Handels verwendet.
Es entstanden auch glückliche anstalten nicht nur zur Sicherheit auf
Wegen und Straßen, sondern auch überhaupt zur ordnung und Ruhe im
Handel und Wandel. Auß dießen volkreichen Plätzen schickte man
gegen Räubersche Haufen wohl bewehrte Leute, oder um sich vordenselben
zuflüchten verbarg man sich in den Flecken und Städten, und deswegen
wurden sie nach u. nach mit Mauren und Graben umzäunet. Die
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-027_Seite_26.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2024)