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XIII
Franken waren Die Dritten oberherrn in Helvetien.
und in ußerem Land und Berggegenden, über die Bergleut genant.
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Die Allemannen und Schwaben hatten sich in dem eroberten Helvetien nicht lange [arx 11]
ihrer Vorrechte zuerfreuen, ihre oberherrschaft daurte nur 56 Jahr lang, so wurden
[A. 496] sie von ihren Landsleuten, Franken, die sich in Gallien nidergelaßen haten,
mit Kriege überzogen, und in der Schlacht zu Zülpich gänzlich geschlagen, nicht nur
zu unterthanen, sondern so gar, wie sie eß den Helvetiern vorher selbst auch
gethan hatten, zu Leibeigenen gemacht, und das Land welches sie dieß und
jenseits des Rheins und der Donau bewohnten, in vier Hertzogthum des Fräncki-
schen Reichs verwandelt. So oft Frankreich für mehrere Könige, in zwey oder
mehrere Reiche getheilt war, gehörte der theil des Herzogthums Allemanien,
welche auf der lincken seiten des Rheins ligt, zum Königreich Austrasin, oder
Burgund, deßen Grentzen gegen Rhätien, welches damals zu Jtalien gehör-
te & König Dagobert durch ein markzeichen kentlich machte, das er in Gestalt
des mondes in einen Felßen einhauen ließ, daher der namen Monstein gekommen ist.
[534] Die genanten Bergleut in diesen Gegenden, wurden nun auch Francken [W.C.&]
genant, oder des Königs eigene Leüte, weil sie unter die Traurige Leibeigenschaft
gesezt worden, und das Lehen System eingeführt wurde *) auch die entflohenen Helvetier
[AU 1]und allemannier wurden in Dienstbarkeit gesezt **) das aber mehr Bauren als Leib-
eigene unter den Alemanier geweßen kam daher, weil sie nur die eroberten römischen Bauren
unter das Joch gesezt haben, daher bis auf den heutigen Tag mehr Freyheit nach
in dem Hirten Lande der Schweizer, als auf den Feldern eben dieses Lands war. [M.G.]
Das ehemallige Gesez Buch, die alten ordnung und gebräuche, bleiben unter der
fränkischen Regierung eben dieselben, bis Ao. 530 der Fränkische Konig Choderik sie
hate mit neuen Vorschriften vermehren laßen, und hundert Jahr später der Dagobert I.
solche verbeßert außgehen ließ. Von auflagen wußte man nach nichts, sondern es
mußte alles in Früchten und andern abgaben entrichtet werden, und auch Frohn-
dienste gethan werden, vor die Königliche Kammer (diese war über der Thur im Thurgau.)
Der theil des Landes so zwischen den Flüßen den Goldach und Urnäschen gelegen [W.C.]
war, behielt der König vor sich, diese Einwohner stuhnden unter einem Königlichen
Amtmann der im Thurgau wohnte, und die Güter wurden Königliche oder
Kron Güter geheisen, welche die Leibeigenen vor ihren oberherren arbeiten mußten,
und die Früchte und der nutzen gehörte der Königlichen Kammer. (dieses laßt nicht ohne
Grund vermuthen das zu selbiger Zeit die Speicher entstanden zu einsammlung der Früchte)
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*) Das Lehen System war das alle Güter vom oberherren mußten entlehnt oder
Empfangen werden, und wann ein Hauß Vatter gestorben, fielen solche Güter wider
dem oberherren zu, und die Witib oder Kinder, mußten die Güter wieder aufs
neue empfahen, oder konten andern Lehen Bauren gegeben werden nach Belieben.
Von der Leibeigenschaft siehe hier pag. 21 **) die menge der durch die Entweichung
herrenlos gewordene curtes (Höfe) wurden ein Raub der Krone & an die Edlen vergabt.
- ↑ Das Lehen recht entstuhnd unter den Francken, da Könige ihre besizungen minder mächtigen hingaben u. sich das höhere Eigenthum unter der Leistung gewüßer Dienste außbedungen hatten, diese art der Veräußerung stieg von den höchsten ställen auf die geringern herab, wer sich keine kriegsdienste außzubedingen hatte, der lies sich etwas an Früchten oder Handdiensten bedingen, und dieses hieß man Lehen rechte.
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-015_Seite_14.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2024)