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XII
Allemanische Geseze
Die Geseze der Allemanier waren nichts anderes als die gebräuche
welche die Völker stämme als halb wilde in ihren Wäldern beobachtet
haben, sie haten im Gesezbuch, das redet nur von ihren Wiesaten, von ihren
Kühreyen, Roßen, Bären und Wölff, und andern Wilden thieren, die sie durch
ihre abgerichten Leithunden, Schäfer Hunden, Bären und Wolff Jagdhunden
erlegten, die Hirschen zähmten *)
Auch war der mißbrauch der stärke verbotten, und das keiner dem andern [M.]
bewaffnet zu Hause komme, keiner sich zanke wann die Schar in Krieg ziehe, keiner
den Feind ins Lande ziehe oder bringe, oder sich verschwöre, auch war bestimmt wie
viel der Beleidiger für Jedes Vergehen den Beleidigten als Genugthuung, und
der obrigkeit als Schirmgeld abtragen müße. Z.B. welcher einem eine [Arx 48]
Beule schlug mußte ein gold schillig erlegen, wann das Blut auß der Wunden
bis auf die Erde floß ein bis 4 d wann die hirnschalle sichtbar wurde 2 pfenig.
Wenn das Hirn gesehen wurde zwölf d. Wer einen Freyen in der Kirchen, oder den
Pfarrhern, oder seinen Vatter ermordete, hatte von der obrigkeit nichts zubesorgen,
wenn er nur im ersten Falle vierzig Goldschillinge, im zweiten Sechshundert zalte,
und im dritten Fahle sein vermögen hergab und Kirchen Buße that. Hingegen
wurden die kein geld hatten zum zahlen, wegen schweren vergehen verurtheilt,
des beleidigten Leibeigene zu seyn. Dieses hielt ihr Leben in den schranken
Bürgerlichen Gesellschaft; und ihr Privat Leben zähmete mit heilsammen schreken
die Kirchen, sie fürchteten die Flamen der Höllen. Wer am Sontag die Kirchen
nicht besuchte derselbe verlierte die Freyheit, die Kirchen waren hellige Frey-
stette vor Knechte, vergabungen waren erlaubt, bey ihnen als Heiden.
Wann man einer Weibs Person das Haubt auf deckte oder das bein entblöste
bis zum Knie, war 6 Solidos buß, und über die Knie doppelt so viel.
Auch viele andere Bußen, z.B. wenn ein Hund Jemand Todt gebißen hate, und
die Buß nicht zahlen konnte, mußte so lang unter dem Tod geschlagenen Hunde, den
man ihme 9 schuhe hoch vor seiner Haus thüre aufhieng, auß- und einschliefen
bis das Aas verfaulet und stücke weiß herunter gefallen.
B! Die Todes Strafen wurden erst von den fränkischen Königen gemeiner ge-
macht, und die Geseze verbeßeret und zusammen getragen.
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[AU 1]
*) Der Schöpfer hat jedem Thier die selbst wehr eingeschafft, § z.B. die Küh oder
das Vieh wann eß wilde thier gespührt, stelte sich an einen ring oder Reyhen u. Kreys,
[Die Köpf an Köpf sezten sie]& wußten mit ihren Hörner selbige abzutreiben, u. das kleine Vieh in die mite zu nehmen u.
die Wilden Thier wurden von Hirten und Jäger gefält, erschlagen &
mit Wurfspießen gedötet, in Garn und Fallen gefangen, mit Stein werfen,
und andern Waffen, und auch mit gelehrten und darzu abgerichteten Jagd-
hunden viele erlegt worden, in Höllenen geräucht u. außgehungeret worden
& die Gemse und Gaißen stellen ihre Schildwachten auß, die wie Soldaten
abwechslen, andere können durch geschwindigkeit ihr Leben retten, oder durch stärke.
[das waren ihre Waffen] u. natürl. Selbstwehr. Die menschen haben die Vernunft sie zubeherschen.
- ↑ Erste gewaltige Jäger/war natürliche Waffen./die Bären wurden mit fang- Eißen oder Knäbel- Spießen erlegt und andere deßgleichen in ihrer seltenen stärke
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-014_Seite_13.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2024)