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IV
Außwanderung der alten Helvetier.
[UE 1]Als das Jahr der grosen Wanderung heran kam, und alle Mannschaft
auß den Gauen, gerüstet, in dem Vatterland ihr letze Gemeine hielt, *)
bestimbten sie den Tag an welchem sich das ganze Volk an dem Ausfluße
des Lemanischen Sees, am Rhan Strom versammeln solte, auß dieser zusammen-
kunft eilte ein jeglicher zum lesten mahl in seine vätterliche Wohnungen, u.
nach deme alle Helvetier die unvermögenden Greiße, Weiber, und Kinder mit
Lebens mitteln für drey Monate und ihre besten Sachen auf die Wagen ge-
laden, verbrannten sie ihre zwölf Städte, vierhundert Flecken oder Dörfer, u.
alle Häußer im Lande **) so thatten auch ihre Bundsgenoßen damit niemand
mehr zuruck kehren konte. Von den 4 Gauen waren 263’000 Helvetier, groß
an Volk ruhm und Muth; unter allen leuchtete hervor an der Spitze der Tiguriner
der streitbare Held in grauem alter Divico. 60 Jahr vor Christy geburth.
[ca. 3912] d 26. mertz, kammen 368’000 Personen zusammen, darbey obige anzahl Helvetier
92000 Streitbare Männer haten, und alles zusammen 378’000 Menschen ausge-
macht, an Cäßar schicken die Helvetier zwey Gesandte zu Genf, der in dießem
römischen Gebieth Regierte & Prokonsul oder Landvogt war, ein erfahrner groser Tapferer
Kriegsmann, der erklärte sich „die hergebrachten Grundsäze des römischen Volks gestatten
ihm nicht, einer Nation zu erlauben durch die Provinz zuziehen, u. er werde es nicht leiden“
Die Helvetier nahmen einen andern Weg, als Cäßar vernahm das die Helvetier nun
oben an der Provinz herziehen um sich nord westwärts nieder zulaßen, erschien er schnel
mit seinem Heer im Rücken des Helvetischen Heers und überfiel und schlug in der dritten
nachtwache die Tiguriner welche nach jenseits des Flußes gewesen. Am folgen-
den Tag führte er die Legionen über den Fluß. Worüber sich die Helvetier bestürzt
verwunderten, die bedrängten Celten die mit den Römer im bündnus standen,
ruften den Cäßar auch um Hielf an, und er besiegte die Helvetier an zweyen orten aber
mehr durch geschwindigkeit, List, und gute ordnung als Tapferkeit.
Die Tiguriner sandten ihren alten Greißen Divica, der die Römer
vor 50 Jahren am lemanischen See besieget und überwunden.
Dießer Sprach zu JUlius Saesar, „die helvtier laßen ihm sagen
wenn sein Volk Frieden halte, so wollen sie den Zug in die Jenigen Länder
nehmen, welche Cäßar ihnen selbst anweißen werde, er solle sie nicht bekriegen,
ohne
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★) hierauß ist zu ersehen das die Helvetier schon Landsgemeinden gehalten,
wie von Celten solche auch üblich waren.
★★) also ist Helvetien zu einer Eiöde Einöde gemachet worden, und auch wieder zur Wildnis
angewachsen, wo, zu der Helvetier zeiten zweifelsohne auch in unserm Land schon
Einwohner geweßen, weil das Thurgau stark bevölckert war und unser Land darzu gehörte.
Anmerkung
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Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-006_Seite_5.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2024)