Vorred von aufeinander folgende vier Zustände der Völker und des gantzen menschlichen Geschlächts.
[UE 1]Wann man die Welt Geschichten durchgehet so stellen die Jahrbücher eines Jeden V[UE 2]
Wie Jene des ganzen menschlichen Geschlächts, uns vier aufeinanderfolgende Zustände
Welche die Menschen, wie die Sterne ihre Kreiße durchlaufen.
In dem ersten Stand der unschuld oder Patriarchen Stand, kennten die Mensch
Weder Bürgerliche Verfaßungen, nach Bürgerliche Künste und bequemlichkeiten.
Allein von Gott und der Natur ernährt, wurden sie auch geleitet durch Gott und
die Natur. Jeder Haus Vatter lebte mit seiner Familie, von andern gesöndert in
seiner Hütte, oder Kabane. Er Jagte in den Wäldern, und hütete sein Vieh, se[UE 3]
Haus und seinen Hof vertheidigte er mit eigner Hand.
Der zweite Stand wird die HeldenZeit genant. Nach einem größerm anwa[UE 4]
und vermehrung der Menschen, vereinigten sich die bisher verstreuten Stäme
und familien unter einem Kriegerschen anführer, durch friedliche Geseze. Sie fin[UE 5]
an die Erde zubauen, erlernten die Religion und die Künste, errichteten Ge-
meinden und Städte, sie fanden allbereits geschmack an den annehmlichkeiten des
Bürgerlichen Lebens; da sie aber nach ihrer alten unabhängigkeit gewohnt, so stellten
ihre Sitten ein Gemisch von ordnung und außgelaßenheit, von Sanftmuth und
Wildheit, von Bildung und Rohheit dar.
Der dritte Zustand ist das blühten alter des menschlichen Geschlächts.
Grosse Gesez geber, geben jezt den Völkern Verfaßungen, wodurch die
Bürgerliche Freyheit mit der bürgerlichen ordnung vereiniget wurde, die Welt
Weißen stellten untersuchungen über die Wunder Gottes und die ersten Gründe
der Sittlichkeit an. Geschickte Künstler verschönerten das menschliche Leben
durch Gedichte, Bilder und Gebäude, Große Feldherrn und Staats Leute
Regieren die Staaten durch kluge Verwaltung, oder vertheidigen dieselbe
durch ihre Siegreichen Waffen.
Allein dieser blühende Zustand enthält zu gleicher Zeit die Keime ihres ver-
derbens, wenn er mißbraucht wird. Die Freyen Verfaßungen geben Stof zu -
aufruhr und Anarchie, die Grübeleien der Philosophen führen schwachköpfe zu
Sophismen, die Künste und Feste nähren den Luxus und die Weichlichkeit, und
erkämpften Siege führen unterdrückung und Tyraney herbey.
Der Zustand welcher der Zustand des Verfalls kan genant werden, komt
also unvermerckt heran, und bringt Irreligion, Anarchie, Weichlichkeit, Gleichgültig-
keit, Tiranei, und endlich das gänzliche Verderben unter die Völker und die
Menschheit.
Man könte die vier Zustände des menschlichen Geschlächts seine vier Jahrzeit
oder Menschenzeitalter nennen. *) dann
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Anmerkung
- ↑ Stempel der AR Kantonsbibliothek Trogen
- ↑ Ausriss
- ↑ Ausriss
- ↑ Ausriss
- ↑ Ausriss
- ↑ unleserliche Zeile, überfaltet oder abgeschnitten
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-002_Seite_1.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2024)