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Seite:Köster Alterthümer 106.png

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Erpressung und Hunger fanden sich aller Orten – unmöglich konnten die Unterthanen einen Herrn lieben, der mit gleichgültigem Herzen all diese Trübsal anschaute, und nicht einmal ein Wort des Trostes für sie hatte. Sein eigner Bruder, Herzog Heinrich, ein Katholik mit Leib und Leben, wurde durch das tyrannische Verfahren so empört, daß er den Ständen geradezu rieth, sie möchten seinen Bruder absetzen und ins Kloster stecken. Das ist freilich nicht geschehen.

Solch ein Mann war Christoph. Wie sein ganzes Leben von Eitelkeit getragen wurde, und die hauptsächlichste Triebfeder aller seiner Handlungen war, ist sie auch Veranlassung seines Todes gewesen. Unzufrieden mit der Aufnahme, welche er bei einem Besuche am Hofe zu Berlin fand, reisete er an dem nämlichen Tage bei dem schlechtesten Wetter in einem Kutschwagen mit kleinem Verdeck ab. Unterwegs wurde er ernsthaft krank, eine Halsbräune brach aus und raubte ihm die Sprache. Er erkannte sein nahes Ende, legte sich auf dem Lager zurecht, faltete die Hände, schaute gen Himmel, schien ein Gebet zu flüstern und entschlief sanft und still. In Verden ist er begraben. Der letzte Feind der Reformation. Mit eiserner Hand hielt er sie nieder, wo er es konnte. Im Bisthum Verden wurde bei seinen Lebzeiten auch nicht Ein Geistlicher lutherisch; im Erzbisthum Bremen blieb dagegen fast kein Geistlicher katholisch. Er war kein ebenbürtiger Gegner der neuen Lehre. Bei aller angebornen Thatkraft seines Geistes, bei großem persönlichen Muthe und rücksichtsloser Festigkeit des Willens besaß er weder den heiligen Zorn, welche die Vertheidigung einer gerechten Sache, noch die siegreiche Sanftmuth, welche ein gutes Gewissen einflößt. Dieser Mann hätte jeder Sache geschadet, die er schützen wollte.

F. W. Wiedemann,
Pastor in Bargstedt.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_106.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)