Zum Inhalt springen

Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 194.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

eben so auffallend als groß. Mit der Geberde des höchsten Erstaunens schlug sie ihre beiden kleinen Händchen zusammen, sprang von ihrem Sitze auf und machte Miene, von der Estrade, auf welcher wir saßen, herunter zu springen und zu dem Abbé hinüberlaufen zu wollen. Ich und ihre Begleiterin vermochten kaum sie wieder zur Ruhe zu bringen. Doch von nun an saß sie wie zur Bildsäule erstarrt da, verwandte keinen Blick mehr von Massieu, und nur ihr sprechendes Auge und die sehr beweglichen ausdrucksvollen Züge ihres Gesichts deuteten die rege Theilnahme an, die sie ganz in Anspruch nahm, so daß sie auch mich darüber zu vergessen schien. Ein Strahl des Lichts war in ihre junge, noch mit Dunkel und Dumpfheit kämpfende Seele blendend gefallen; wortlose Hoffnungen, Ahnungen und Wünsche waren in ihr erwacht und lasteten in diesem ersten Augenblick wie ein schwerer Traum auf einem Halberwachten betäubend auf ihr.

Leider konnte ich das Ende der Versammlung nicht abwarten. Die Hitze, die durch die im engen Raum zusammengepreßte Menge von Menschen im hohen Grade verdorbene Luft zwangen mich wider meinen Willen, das Freie zu suchen. Auch vernahm ich, daß diese Versammlungen oft vier bis fünf

Empfohlene Zitierweise:
Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_194.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)