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Seite:Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft 097 005.jpg

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Aufgabe, die Förster mit ähnlicher Konsequenz Jahrzehnte hindurch verfolgt und fast bis zu Ende geführt hat, die Ausgabe des Libanios. Libanios ist nicht gerade ein geistiger Heros, vielmehr ein Sophist des 4. Jahrhunderts n. Chr. mit allen Schwächen eines solchen; aber er ist ein charakteristischer Vertreter der Kultur jener Zeit, ja durch seinen ausgedehnten Briefwechsel für ihre Geistesgeschichte von hervorragender Bedeutung. Während von seinen Reden eine Ausgabe von Reiske vorlag, die freilich hauptsächlich von Reiskes Gattin besorgt war und erhebliche Mängel aufwies, war man für die Briefe auf eine unhandliche, unvollständige und ungenaue Ausgabe angewiesen. Als Förster im Jahre 1868 nach Italien reiste, wies ihn Hercher auf die schöne Aufgabe hin, den Libanios so zu edieren, wie es die moderne Wissenschaft verlangte. In unermüdlicher Arbeit verschaffte sich Förster Kunde von den mehr als 500 Handschriften, und 1903 konnte endlich der erste Band erscheinen, dem bis 1915 die Bände 2–8 mit den Reden folgten. Die Briefe sind 1921/22 als Band 10 und 11 herausgekommen; handschriftlich vollendet sind die umfangreichen Prolegomena. Es ist eine Ehrenpflicht der deutschen Wissenschaft, dieses Werk eines getreuen Arbeiters trotz der Ungunst der Zeiten zu Ende zu führen.

Die Sache bringt es mit sich, daß eine so große Aufgabe auf allerlei Seitenwege lockt. So ist Förster durch Libanios zu Chorikios geleitet worden, einem Sophisten des 6. Jahrhunderts, und hat hier und da einzelne Reden als Bausteine zu einer künftigen Ausgabe abgedruckt. Namentlich aber hat ihn die Person des früheren Libaniosherausgebers Reiske angezogen und ihm Anregung zu mehreren Arbeiten gegeben. Reiske war der bedeutendste Gräzist und Arabist Deutschlands im 18. Jahrhundert, eine eigenartige und durch ihre Lebensschicksale anziehende Persönlichkeit, deren Leben noch nicht genügend aufgehellt war; besonders war der rege Briefwechsel, den er mit den ersten Männern seiner Zeit (darunter Lessing und Winckelmann) unterhalten hatte, noch wenig bekannt. Auch hier brachte Förster durch zielbewußte Sammeltätigkeit binnen einer Reihe von Jahren das Material zusammen und konnte im Jahre 1897 den Briefwechsel Reiskes in einem stattlichen Bande publizieren. Bei diesen Reiskeforschungen hatte er das Glück, einen Lessingfund zu machen, Anmerkungen Lessings zu äsopischen Fabeln, die sich in einer Handschrift der hiesigen Universitätsbibliothek fanden, eine wertvolle Bereicherung der Lessingphilologie.

Was seine archäologischen und mythologischen Forschungen angeht, so ist zu betonen, daß Förster aus einer Zeit stammte, wo diese beiden Wissenschaften noch eng mit der Philologie verbunden waren und es weder eine reine Religions- noch eine reine Kunstgeschichte

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Kroll: Richard Foerster (Nachruf). , Breslau 1919–1924, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahresbericht_der_Schlesischen_Gesellschaft_097_005.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)