sind geringer als bei den oben erörterten Ausgleichsversuchen; aber befriedigend ist auch dieser Ausweg nicht. Nicht blos muss alsdann ein Aufenthalt des Germanicus in Rom oder der Agrippina im Lager im Winter 13 auf 14 angenommen werden, sondern auch ein Irrthum Suetons in der sonst durchaus sich bewährenden Auseinandersetzung Gai. 8. Diese dreht sich darum, dass Agrippina während ihres Aufenthalts in Germanien nur zwei Töchter und keine Söhne geboren hat; ja Sueton giebt sich noch die Mühe auseinanderzusetzen, dass der Ausdruck puerperium auf der von Plinius angeführten rheinischen Weihinschrift auch die Entbindung von einer Tochter bezeichnen könne[1], war also der Meinung, dass, nachdem er diese Inschrift als den Gaius nichts angehend erwiesen hatte, nichts übrig bleibe als sie auf die Geburt einer Tochter zu beziehen.
Wer die Ueberlieferung, wie sie liegt, einfach festhalten will, muss annehmen, dass diese Schwangerschaft der Agrippina mit einer Frühgeburt geendet hat. Damit würde in der That Alles in Ordnung kommen. Dass das todtgeborne Kind bei Sueton nicht mitgezählt wird, ist ebenso in der Ordnung, wie dass Tacitus von dem Ausgang der Schwangerschaft schweigt. Aber es bedarf der Ausführung nicht, wie bedenklich eine derartige Rettung ist.
Von Freunden, denen ich diese Untersuchung vorgelegt habe, ist die Frage aufgeworfen worden, ob die unter dem J. 14 berichtete Schwangerschaft nicht in Zusammenhang stehen könne mit der irrthümlichen Ansetzung des Geburtsorts des Gaius bei Plinius und nach ihm bei Tacitus. Aber diese Frage wird verneint werden müssen. Falls Plinius die Geburtszeit des Gaius überhaupt fixirte, wozu eine besondere Veranlassung für ihn, so viel wir sehen, nicht bestand, und falls er in seinem Irrthum consequent war, was doch auch nichts weniger als gewiss ist, konnte er freilich den richtigen Tag (31. Aug. 12) nicht setzen; denn dass Germanicus erst Anfang des J. 13 in Germanien eintraf, musste er wissen. Aber noch viel weniger kann er des Gaius Geburt auf den Herbst 14 gesetzt und daraus die Schwangerschaft combinirt haben; denn die Figur des kleinen Caligula spielt ja
- ↑ Nach Kießlings sehr wahrscheinlicher Vermuthung hat Plinius, um die nahe liegende Beziehung dieser Inschrift auf die Drusilla abzulehnen, die Behauptung aufgestellt, dass puerperium die Geburt eines Knaben anzeige.
Emil Hübner (Hrgs.): Hermes. Zeitschrift für classische Philologie. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1878, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermes_13_260.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)