Vorfrühlingstagen, um diese Zeit, um halb eins, in den Thiergarten zu gehen. Gehen Sie links hinein, und eilen Sie nach der Gegend, wo unserer seligen Louise von den Einwohnerinnen des Thiergartens ein kleines, einfaches Monument gesetzt ist. Dort pflegt unser König oft spatzieren zu gehen. Es ist eine schöne, edle, ehrfurchtgebietende Gestalt, die allen äußeren Prunk verschmäht. Er trägt fast immer einen scheinlos grauen Mantel, und einem Tölpel habe ich weiß gemacht: der König müsse sich oft mit dieser Kleidung etwas behelfen, weil sein Garderobemeister außer Landes wohnt und nur selten nach Berlin kömmt. Die schönen Königskinder sieht man ebenfalls zu dieser Zeit im Thiergarten, so wie auch den ganzen Hof und die allernobelste Noblesse. Die fremdartigen Gesichter sind Familien auswärtiger Gesandten. Ein oder zwey Livreebediente folgen den edeln Damen in einiger Entfernung. Officiere auf den schönsten Pferden galoppiren
Heinrich Heine: Der Jungfernkranz. Hoffmann und Campe, Hamburg 1827, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heine_Jungfernkranz_Seite_304.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)