Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1929 | |
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Wenige Wochen nach seinem Tode wurde in dem
Garten eine Umgrabung vorgenommen, weil man
daselbst ein großes stattliches Haus bauen wollte.
Man grub tief hinunter; plötzlich rief ein Arbeiter
erstaunt:
„Ei, was ist denn das hier?“
„Das sieht ja bald wie Silber aus,“ sagte ein andrer.
Der erste zeigte den Fund allen Kollegen, die natürlich ebenso verwundert waren. Man stellte allerlei Vermutungen auf, wie wohl diese silberglänzende Erde hierher gekommen sein könnte. Enblich nahm einer das Wort und meinte, man müsse vor allem vorsichtig weiter graben, denn es könnte sich doch noch mehr vorfinden.
Diese Vermutung bestätigte sich: man fand beim Weitergraben noch sehr viel von dieser Erde. Und als dieselbe von sachverständigen Leuten untersucht wurde, stellte es sich heraus, daß sie Silberteile enthielt. Man nugte diese Entdeckung aus, und es währte nicht lange, so entstanden die Silberbergwerke zu Lautenthal.
In einer warmen Sommernacht saß eine
Bergmannsfrau in ihrem Häuschen im
Sperrentale bei St. Andreasberg mit dem
Strickzeug am Fenster und wartete auf
ihren Eheherrn, der um 1 Uhr nachts von
der Spätschicht nach Hause kommen mußte.
Heller Mondschein lag über Wald und Feld, und
der Duft von frischgemähtem Gras drang durch das
offene Fenster ins Zimmer. Kein Laut ringsum,
nichts störte die heilige Stille. Des Mondes Silberlicht
war so stark, daß die Frau auf eine weite Entfernung
hin alles klar zu überblicken vermochte.
Sie stand auf von ihrem Stuhl, beugte sich aus dem
Fenster und spähte die Straße entlang, auf der ihr
Mann immer heimkam. Da schlug es 12 Uhr vom
Glockenturm, – die Mitternachtsstunde. Es war
noch zu früh, jetzt konnte ihr Heinrich, so hieß ihr
Mann, noch nicht heimkehren. So ging sie an ein
anderes Fenster, das an der Rückseite des Hauses,
nach der Bergseite zu, lag. Ein schmaler Weg
führte dort vorbei, den Berg hinan und dem Treibholze
zu. Als sie nun ein Weilchen aus diesem Fenster
hinaus geschaut hatte, sah sie plötzlich vom
Treibholze her einen großen, schwarzen Hund kommen.
Sie wunderte sich darüber, und ihr Erstaunen
wurde zum Entsetzen, als sie den Hund näher betrachtete.
Es war ein gräuliches, struppiges Tier
mit Augen, die wie Feuer leuchteten, mit einem rotglühenden,
feuerspeihenden Rachen, aus dem eine
lange Zunge hing. In ihrer Todesangst bekreuzigte
sie sich und stammelte ein Vaterunser. Da war der
Hund auch schon an ihrem Häuschen vorüber, lief
über die Brücke der Sperrlutter und von da weiter
die Straße entlang, die ihr Heinrich kommen mußte.
Nun packte sie eine heiße Angst, laut und hart pochte
ihr Herz, und am liebsten wäre sie ihrem Manne
entgegengeeilt, wenn die lähmende Furcht sie nicht
zurückgehalten hätte[WS 1]. Sie wartete von Schrecken und
Grauen geschüttelt, doch ihr Heinrich kam nicht, und
als die Glocken die zweite Stunde des neuen Tages
verkündeten, war er immer noch nicht da. Jetzt
weinte sie bitterlich und schluchzte: „Was mag ihm
nur passiert sein, der Hund hat ihm sicher etwas
Böses angetan!“ Eine große Unruhe trieb sie hin
und her. Endlich gegen 3 Uhr morgens kam der sehnlichst
Erwartete heim und war erstaunt, seine Frau
noch wachend anzutreffen. Weinend warf sie sich an
ihres Mannes Brust und frug: „Heinrich, wo warst
Du, ich habe mich ja so sehr gefürchtet und mich um
Dich gebangt.“ Dieser beruhigte nun seine Frau,
schalt mit ihr und sagte, sie sei eine kleine Närrin,
die in Zukunft rechtzeitig schlafen gehen sollte. Doch
auf ihre nochmalige Frage nach seinem Verbleib, erzählte
er ihr: „Denk Dir einmal, was mir passiert
ist. Als ich auf dem Heimweg von der Grube bin,
sehe ich vor dem Hause des Hufschmiedes, dort, wo
die beiden hohen Bäume stehen, den Kameraden Sch.
liegen. Ich stoße ihn an, er regt sich aber nicht.
Ich rüttele ihn und denke, hat der aber einen über
den Durst getrunken. Als er jedoch gar kein Lebenszeichen
von sich gibt, glaube ich, daß ihm doch
wohl etwas Ernsteres fehlen müsse. Ich lade ihn
mir also auf den Rücken und trage ihn nach seinem
Hause. Als dieses nun geöffnet wird und die Frau
des Kameraden und ich den Bewustlosen aufs Bett
gelegt haben, bittet mich die Frau, doch den Herrn
Oberbergchirurg A. zu holen. Ich eile fort und der
Arzt kommt gleich mit. Bald nun hat er den Kameraden
so weit, daß er ein paar Worte spricht. Er
redet wirre Sachen von einem großen, schwarzen
Hund mit feurigen Augen, schaurig anzuschauen, dem
aus einem Feuerspeienden Rachen eine lange Zunge
hängt. Als das Tier auf ihn losgesprungen wäre,
sei alles Leben aus ihm gewichen. Unser Herr
Oberbergchirurg schüttelte den Kopf, untersuchte den
Kranken, konnte aber keine Verletzung feststellen. Er
blieb dann noch bei ihm und sprach beruhigend auf
ihn ein. Ich bin dann heingegangen.“ – Darauf
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ fehlendes Wort eingefügt
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1929. Piepersche Buchdruckerei, Clausthal 1928, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1929_053.png&oldid=- (Version vom 26.10.2019)